Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Ev. Schulstiftung
In der Schule

Foto: pixabay/Harish Sharma
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Trotz der großen Herausforderungen in der Corona-Pandemie blickt die Evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland mit Zuversicht auf das neue Jahr. Mit dem neuen Thüringer Gesetz für die Schulen in freier Trägerschaft sei es gelungen, die staatliche Finanzhilfe für alle allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen anzuheben und die Schularten untereinander gerechter zu entwickeln, sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Marco Eberl, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die erst vor wenigen Tagen vom Landtag beschlossenen Neureglungen sehen für 2021 für die freien Schulen eine Steigerung der Finanzhilfe von 193 Millionen Euro 2020 auf 217 Millionen 2021 vor.

epd: Das neue Thüringer Gesetz zu den Schulen in freier Trägerschaft sieht eine Steigerung der Finanzhilfe von 193 Millionen Euro 2020 auf 217 Millionen 2021 vor. Herr Eberl, als Sprecher der freien Schulen im Land müssen Sie doch zufrieden sein?
Eberl: Das war ein langer und arbeitsintensiver Weg. Als Landesarbeitsgemeinschaft der freien Schulträger haben wir gemeinsam vor mehr als drei Jahren ein Gutachten zur Ermittlung der tatsächlichen staatlichen Schülerkosten in Auftrag gegeben. Seitdem wurden unzählige Gespräche mit Parlamentariern und Regierungsmitgliedern geführt, Veranstaltungen organisiert und Papiere geschrieben. Das war eine tolle Teamarbeit in der Schulstiftung, mit der Landeskirche und mit den Partnern innerhalb der LAG wie dem Bistum, der Diakonie, den Waldorfschulen und den Wohlfahrtsverbänden. Ich freue mich für unsere Schulen, für unsere Mitarbeitenden und die Schulleitungen.

Was bedeutet das für Stiftung konkret?
Das Ergebnis ist ein Kompromiss, und wie bei jedem Kompromiss waren Zugeständnisse nötig. Das Ziel, die staatliche Finanzhilfe für alle allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen anzuheben und die Schularten untereinander gerechter zu entwickeln, ist erreicht worden. Für uns war es beispielsweise wichtig, die Lage der stark unterfinanzierten Gymnasien zu verbessern. Es ist uns auch gelungen, die Schülerkostensätze für die Förderschulen und den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf zu verbessern.

Wie stellt sich die neue Finanzierung im Ländervergleich dar?

Die Schülerkostensätze kommen im Vergleich mit Sachsen-Anhalt etwa auf Augenhöhe, erreichen jedoch nicht die des Freistaates Sachsen. Aber es geht ja nicht nur um die aktuelle Höhe der Zuschüsse.

Sondern?
Von großem Vorteil für unsere Arbeit ist, dass das Gesetz unbefristet gilt. In Verbindung mit einer jährlichen Dynamisierung können wir langfristig mit unseren Schulen planen und Investitionsprojekte verlässlicher kalkulieren. Die jährliche Steigerung der Finanzhilfe ist deshalb wichtig, weil nach den Berechnungen des Gutachters auch mit den neuen Finanzhilfesätzen ab 2021 die Marke von 80 Prozent der staatlichen Schülerkosten noch nicht erreicht wurde. Langfristig bedeutsamer ist jedoch, dass wir eine transparente und nachvollziehbare Berechnungsgrundlage gefunden haben.

Noch vor fünf Jahren gab es harte Auseinandersetzungen bis hin zu Demonstrationen. Was ist diesmal anders gelaufen?
Auf der Grundlage des Gutachtens konnten wir die staatlichen Schülerkosten zuverlässig bestimmen und auch die der freien Schulen im Verhältnis zueinander besser justieren. Dadurch gab es keine Diskussionen zu einzelnen Schularten, sondern ein Gesamtpaket. Deutlich verbessert zeigte sich auch die Wertschätzung der Schulen in freier Trägerschaft. Neben den staatlichen Schulen erfüllen die Schulen in freier Trägerschaft gleichermaßen den gemeinsamen Bildungsauftrag. Die jüngsten Parlamentsdebatten zeigen, dass sich auch die Gesprächskultur deutlich weiterentwickelt hat. Dafür bin ich insbesondere Bildungsminister Helmut Holter sowie den Fraktionen des Landtages dankbar.

Wie geht es mit der Stiftung selbst weiter? Kommt die Fusion mit der Johannes-Schulstiftung in Sachsen-Anhalt?
Für die evangelischen Schulen in der EKM hat derzeit natürlich die Bewältigung der Corona-Pandemie höchste Priorität. Auch bei der Personalgewinnung sowie der schulischen Qualitätsentwicklung wollen wir nicht nur die Schulen in Trägerschaft der Stiftung, sondern alle kooperierenden Schulen in der Landeskirche unterstützen. In diesem Zusammenhang ist es natürlich von Vorteil, die Zusammenarbeit mit unserer Schwesterstiftung zu verdichten und die Trägerschaften zusammenzuführen. Wie alle kirchlichen Einrichtungen sind auch wir aufgefordert, effizient mit den begrenzten Mitteln umzugehen. Und wenn es dieser Erkenntnis bedurfte, zeigt der politische Erfolg in Thüringen, dass wir geeint mehr erreichen können.

Was bedeutet der Verlust des selbstständigen Bildungs-Dezernats im Landeskirchenamt für Ihre Arbeit?
Die Strukturveränderung im Kirchenamt sollte im Kontext der Ressourcenknappheit begrüßt werden, sie kann aber auch für die inhaltliche Arbeit Vorteile bringen. Im neuen Dezernat „Bildung und Gemeinde“ sehe ich die Chance, dass sich die bisher getrennten Arbeitsbereiche gut wahrnehmen und die bildungs- und gemeindebezogene Arbeit stärker verbinden können ...

 ... wobei sich ja nicht so viel ändert, oder?
Offensichtlichste Veränderung für die Stiftungsarbeit war der Wechsel im Vorsitz des Stiftungsrates. Oberkirchenrat Christan Fuhrmann erlebe ich als wohlwollend, verbindlich und unterstützend. Als selbstständige Einrichtung ist die Stiftung in der täglichen Arbeit von der Umstrukturierung im Kirchenamt nicht unmittelbar berührt. Die große Zahl der dem Dezernat unmittelbar zugeordneten Einrichtungen und Werke jedoch hat bereits heute ein hohes Maß an Eigenverantwortung entwickelt, das es nun auszubauen und zu nutzen gilt.

Über den Zuschüssen für Investitionen seitens der Landeskirche hängt vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation das Damoklesschwert von Sperrvermerken. Was bedeutet das für die Stiftung?
Auch die Landeskirche muss ihre Mittel sparsam verwenden. Wir sind jedoch gut informiert worden und wissen, dass über Lösungen nachgedacht wird. Denn anteilige kirchliche Investitionshilfen zur Stärkung des Eigenanteils der Träger werden mehr denn je gebraucht. Das betrifft für 2021 beispielsweise den Neubau für die Evangelische Grundschule in Halle sowie die Errichtung der Sporthalle und des Gebäudes für die Primarstufe an der Evangelischen Gemeinschaftsschule in Erfurt. Aus vielen Gesprächen wissen wir, welche Wertschätzung evangelische Schulen für ihre Arbeit bei Landeskirche und Kirchenkreisen erfahren. Deshalb sind wir für die bisherige Unterstützung sehr dankbar.

Foto: pixabay/Harish Sharma
Foto: Schulstiftung/Andreas Pöcking
Autor:

Online-Redaktion

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