Wort zur Woche
Wie Freude geht, wenn das Glas halbleer ist

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Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!
Philipper 4, Vers 4.5b


Meine Freundin Kathrin schrieb mir kürzlich, mitten hinein in den trüben Spätherbst: „Ich kann es nicht leiden, wenn die Gläser immer halb voll sein müssen!“ Ich war platt.

Von Christoph Ernst

Zuerst dachte ich: Was hat sie nur, warum diese pessimistische Haltung? Ich bemühe mich um positive Ausstrahlung, will andere ermutigen und mit meiner vorweihnachtlichen Freude anstecken. Und Kathrin? Sie versetzt meiner lebensfrohen Natur mit nur einem Satz einen Tiefschlag. Der saß und schmerzte mich Tage lang: Warum ist sie gerade so negativ drauf?

Vielleicht ist es die Arbeit, bei der Kathrin häufig mit Schulkindern zu tun hat. Als ich nachfrage, sagt sie: Viele leiden darunter, nicht mithalten oder „liefern“ zu können – bei den Leistungen, bei der Garderobe, beim Smartphone-Modell, bei den Hoffnungen der Eltern. Manche jungen Menschen fühlen sich buchstäblich abgehängt vom Zug des Lebens, in dem man ausgelassen feiert und wo sofort nachgegossen wird, wenn sich das Glas in Richtung 50-Prozent-Marke leert. Ich habe dann darauf geachtet: Es stimmt, meist wird erwartet, dass wir uns irgendwie freuen oder zumindest gute Laune verbreiten.

Dabei wissen wir, dass wir uns nicht auf Befehl freuen können. „Nun freu dich doch mal!“, das geht nicht. Auch der Apostel Paulus schreibt der Gemeinde in Philippi: „Freuet euch!“ Aber er sagt es nicht einfach so dahin im Sinne von: „Nun freut euch doch mal!“, sondern Paulus sagt: Es gibt echten Grund zur Freude, denn: „Der Herr ist nahe!“ Die Wiederkunft Christi, die große Erlösung aus allen Übeln dieser Welt, aus Gewalt, Krieg, Hunger und Krankheit – wir erwarten sie tagtäglich! Aus dieser Freude damals hat sich alljährlich ein großes Fest entwickelt – wir warten und freuen uns heute auf die Geburt Jesu zu Weihnachten. Kathrin und all ihren Schulkindern wünsche ich, dass diese adventliche Vorfreude auch sie erreicht. Und wer von uns Freude weitergeben kann, der gebe sie – gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit.

Der Autor ist Superintendent des Kirchenkreises Bad Salzungen-Dermbach.

Christoph Ernst | Foto: C. Ernst
Autor:

Online-Redaktion

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