Blickwechsel
Viele Fragezeichen in Tansania

Präsidentin Samia Suluhu Hassan | Foto: Gospel Kitaa/commons.wikimedia.org
  • Präsidentin Samia Suluhu Hassan
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Flachbrüstig» seien so manche von ihnen, sähen eher nach Männern als Frauen aus, kommentierte Samia Suluhu Hassan die Erscheinung von Fußballerinnen ihres Landes.

Von Silvia Vogt

Viele könnten wohl keinen Ehemann finden und von Heirat nur träumen, zitierten Medien im Sommer die neue tansanische Präsidentin. Ein Aufschrei in den sozialen Medien folgte. Frauenrechtlerinnen zeigten sich geschockt.

Dabei haben sich Tansanierinnen gerade von einer Frau im Präsidentenamt eine Stärkung ihrer gesellschaftlichen Stellung versprochen – und wie viele ihrer männlichen Landsleute eine Politik erwartet, die sich aus alten Mustern befreit. Seit sieben Monaten steht Suluhu Hassan nun an der Spitze der Regierung. Nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli war die 61-jährige damalige Vizepräsidentin am 19. März vereidigt worden.

Schon bald nach ihrem Amtsantritt sandte Suluhu Hassan Signale der Öffnung. Nachdem Magufuli zunehmend autoritär regiert, die Opposition an den Rand geschoben und die Zivilgesellschaft an die Kandare genommen hatte, wurden die Worte der neuen Präsidentin in der Bevölkerung hoffnungsvoll aufgenommen. Nach einem halben Jahr ist jedoch vieles offen. Widersprüche zwischen Ankündigungen und Vollzug sorgen für Unmut und Verunsicherung. Anfangs habe Suluhu Hassan vielversprechende Zeichen gesetzt, aber womöglich zeige sich nun, dass sie sich trotz ihrer eigentlichen Machtfülle gegen Bremser in ihrer Partei CCM nicht durchsetzen könne.

So zeigte sich Suluhu Hassan offen für Gespräche und Zusammenarbeit mit der Opposition. Dann jedoch wurde deren führender Politiker Mbowe Freeman festgenommen und wegen angeblicher Terrorfinanzierung vor Gericht gestellt. Das lässt Beobachter und Menschenrechtler stutzen. Amnesty International spricht von anhaltender Einschüchterungstaktik. «Ganz klar: Im Umgang mit der Opposition liegt noch einiges im Argen», sagt der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz von Tansania, Charles Kitima. «Die Parteien brauchen alle gleiche Freiräume und Möglichkeiten. Das steht noch aus.» Deshalb forderten die christlichen Kirchen gemeinsam mit der muslimischen Gemeinschaft bei der Regierung eine wirkliche Demokratisierung ein.

Etwas Entspannung zeichnet sich indes für die Medien ab, die sich nun mehr trauen als unter Magufuli. So kommt auch in den sozialen Netzwerken Kritik an der Präsidentin offener, als es bei ihrem Vorgänger denkbar gewesen wäre. Auch in der Wirtschaft gibt es Schritte der Öffnung. So hat Suluhu Hassan von Besuchen der Nachbarländer Kenia und Uganda Verträge mit zurückgebracht und die Hand zu Investoren aus Europa ausgestreckt.

Am greifbarsten sind Veränderungen indes in der Corona-Politik. Anders als Corona-Leugner Magufuli nimmt Suluhu Hassan die Pandemie ernst. Sie wirbt für Schutzmaßnahmen, trägt Maske und hat Impfstoff nach Tansania geholt. Allerdings scheint auch hier das Erbe ihres Vorgängers schwer zu lasten: Das Interesse in der Bevölkerung an der schützenden Impfung sei noch eher gering, berichten Mediziner und Kirchenvertreter.

«Es sind Ernüchterungen spürbar», umreißt die Tansania-Referentin von «Brot für die Welt», Katharina Schilling, die Entwicklungen in etwas mehr als einem halben Jahr Samia Suluhu Hassan. Doch es sei offenkundig gewesen, dass es sehr schwierig werden würde für die neue Präsidentin. «Schließlich ist sie ein Kind der Regierungspartei, und nicht alle stehen hinter ihr. Das bleibt ein heikler Balanceakt.»

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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