Papua-Neuguinea: Tiefseebergbau-Projekt gescheitert

Von Jan Pingel

Geplant als Einstiegsprojekt, steht in Papua-Neuguinea (dem eigenständigen Staat im Osten der Insel Neuguinea) das weltweit erste kommerzielle Tiefseebergbau-Projekt Solwara 1 vor dem Scheitern. Das kanadische Unternehmen Nautilus Minerals, das noch in diesem Jahr mit dem Abbau in der Metallsulfid-Lagerstätte am Meeresboden der Bismarcksee starten wollte, ist zahlungsunfähig.
Ohne je in Betrieb genommen worden zu sein, ist die lang geplante Mine am Meeresgrund schon jetzt ein Symbol in doppelter Hinsicht: Zum einen Symbol für die zerstörerische und ungerechte Wirtschaftsweise der Industrie-länder. Die Risiken des Meeresbodenbergbaus, denen sich die Menschen in Papua-Neuguinea und bald auch auf den Cook Islands, den Salomonen, Tonga, Fidschi und den anderen pazifischen Inseln, ausgesetzt sehen, sind unmittelbar verbunden mit den Folgen des Wirtschaftens im globalen Norden. Denn die Tiefseemineralien sollen nicht nur ein profitables Geschäft für die Unternehmen und Investoren abgeben. Sie werden angepriesen als Lösung weltweiter Ressourcenknappheit.
Zum anderen ist Solwara 1 ein Symbol für die Bedeutung und den Einfluss von lokalen Initiativen, indigenen Dorfgemeinschaften, Nichtregierungsorganisationen und Kirchen im Widerstand gegen Umweltzerstörung und fremdbestimmte Entwicklung in Ozeanien. Pläne zum Abbau von Mineralien am Meeresgrund und die Lizenzvergabe an Nautilus Minerals vor mehr als zehn Jahren führten in Papua-Neuguinea früh zu vielfältigen und stets anwachsenden Protesten. Negative Auswirkungen auf die Küstenökosysteme und auf die Fisch-gründe, die für die Ernährung der Bevölkerung unverzichtbar sind, werden befürchtet. Diesem Widerstand und dem Ruf nach einem Verbot von Tiefseebergbau schlossen sich nationale und regionale Umwelt- und Entwicklungsorganisationen genau wie die Kirchen an – seit Jahren auch hier in Europa.
In den letzten zehn Jahren hat ein regelrechtes Wettrennen um die Mineralvorkommen am Meeresgrund eingesetzt. Ausländische Investoren und Unternehmen, aber auch internationale Institutionen wie die EU-Kommission oder die UN-Meeresbodenbehörde versprechen den pazifischen Regierungen sprudelnde Einnahmen für die stets klammen Staatskassen. „Blaues Wachstum“ nennt sich das Konzept, das Nachhaltigkeit und Nutzung der Meeresressourcen vereinen möchte. Tiefseebergbau aber beschädigt potenziell nachhaltige Wirtschaftszweige der pazifischen Inselstaaten, wie Klein-fischerei, exportorientierte Fischwirtschaft und Tourismus, und trägt so nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung bei, sondern führt zu wirtschaftlicher Ausbeutung, Zerstörung von Lebensgrundlagen und Biodiversität.
Proteste führten bereits dazu, dass das kanadische Unternehmen Nautilus Minerals das geplante Abbaugebiet mehrfach verschieben musste und nun – zumindest in der Bismarcksee – vor dem Aus steht. Ein Erfolg, den sich vor allem die Alliance of Solwara Warriors, ein Zusammenschluss von lokalen Aktivisten, Kirchenvertretern und Fischern in Papua-Neuguinea, auf die Fahnen schreiben kann. „The fight is not over“ (dt. der Kampf ist noch nicht vorbei) ist ein häufiger Satz, wenn man mit Aktivisten in Ozeanien dieser Tage ins Gespräch kommt. Solwara 1 in Papua-Neuguinea mag vorerst gescheitert sein. Die Abbaulizenz, die das Unternehmen Nautilus Minerals unter intransparenten Voraussetzungen vom Staat erhielt, bleibt aber bestehen und droht gemeinsam mit den Maschinen an das meistbietende Unternehmen verkauft zu werden.
Der Widerstand gegen Tiefseebergbau im Pazifik hat gerade erst begonnen.

Der Autor ist Koordinator des Ozeanien-Dialogs, einem Zusammenschluss verschiedener Missions- und Netzwerke, um pazifische Stimmen in Europa zu stärken.
lmw-mission.de

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