Eine Absage nach der anderen
FREIHEIT DER WISSENSCHAFTEN

Das Fach "Gesellschaftswissenschaften", kurz "Gewi", gehörte in DDR-Zeiten zu jedem Fach-, Hochschul-oder Universitäts-Abschluss und hatte in der Gesamt-Benotung einen hohen Stellenwert. Als seine Freundin in der mündlichen Prüfung an der KMU-Leipzig zum Thema "Freiheit der Wissenschaften" geprüft wurde, sang diese das Hohelied der Freiheit wissenschaftlicher Forschung und Lehre von allen Zwängen durch Ideologien, Parteien und Denkmuster. Sie hatte die sich immer mehr verfinsterten Gesichter der Prüfer vor Aufregung nicht deuten können und fiel glatt durch, obwohl sie alle vorherigen Prüfungen mit Bestnoten absolviert hatte. Vor allem aber hatte sie im Stress der Prüfungen übersehen, dass der V. Parteitag der SED von 1958 sich gerade zum Thema derart geäußert hatte, dass alle Wissenschaft in fester Bindung an den "dialektischen und historischen Materialismus" und die Ideologie der SED (Die Partei, die Partei hat immer recht!) betrieben werden müsse!   Die damals Durchgefallenen wurden in einer Gruppe zusammen gefasst, einige Monate  von einem jüngeren Gesellschaftswissenschaftler betreut und "auf Linie" gebracht. Eine nochmalige Prüfung fand nicht statt. Eine Note im Fach Gesellschaftswissenschaften bekamen sie auch nicht. Doch das Examen war insgesamt erfolgreich bestanden.

Bei den nachfolgenden Bewerbungen bekam seine Freundin eine Absage nach der anderen. In ihren Unter-lagen befand sich garantiert eine entsprechende Bemerkung! Erst auf Fürsprache einer befreundeten Ärztin, die am Sophienkrankenhaus Weimar angestellt war, welches in Trägerschaft der Ev.-Luth. Kirche in Thüringen stand, bekam seine Freundin eine Anstellung als Pflicht-Assistentin daselbst. Dort war sie sehr gern tätig, bis sie ihre Tätigkeit und weitere Ausbildung am Landambulatorium Bad Berka fortsetzen und abschließen konnte.

Wie heißt es doch zum Abschluss der Josephsgeschichte des Alten Testaments (1 Mose 50)?  "Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen; Gott aber gedachte es gut mit mir zu machen..."

Autor:

Martin Steiger

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