Edith Stein
Zeugin des Denkens und des Glaubens

Edith Stein - 12.10.1891 - 9.8.1942

Edith Stein – Zeugin des Denkens und des Glaubens - (Zum 9. August)

Es gibt Menschen, deren Lebensweg nicht wie eine gerade Straße verläuft, sondern wie ein Pilgerpfad, der sich durch Täler der Suche und Höhen der Erkenntnis windet. Edith Stein, 1891 in Breslau geboren, gehört zu diesen Suchenden, deren Weg von einer kompromisslosen Treue zur Wahrheit geprägt war. Jüdin von Geburt, Philosophin von Beruf, Christin aus innerer Überzeugung, Karmelitin aus der Leidenschaft, das Erkannte in die vollkommene Hingabe zu verwandeln – ihr Leben ist ein Gleichnis für die innere Dramatik des Menschen, der von Gott berührt wurde.

Als Schülerin Edmund Husserls lernte sie die Strenge der Phänomenologie, das Denken in der reinen Beschreibung der Wirklichkeit. Diese Schule schärfte ihren Geist, aber sie ließ in ihr zugleich die Frage wachsen, ob Wahrheit allein im klaren Blick des Verstandes zu finden sei. Der Weg führte sie weiter – über philosophische Einsicht hinaus – zu einer Begegnung mit der Wahrheit als Person. In der Lektüre der Autobiographie der heiligen Teresa von Ávila erkannte sie: Erkenntnis ist nicht nur ein Akt des Sehens, sondern ein Sich-Einlassen auf den, der im innersten Zentrum unserer Existenz Wohnung nehmen will.

Ihr Eintritt in den Karmel war keine Flucht aus der Welt, sondern die radikalste Form ihrer Zuwendung zu ihr: Fürbittend und opfernd wollte sie das Leid ihres Volkes und die Nacht der Menschheit vor Gott tragen. Als Schwester Teresia Benedicta a Cruce lebte sie die Kreuzesnachfolge in einer Weise, die nicht auf heroischen Gesten beruhte, sondern auf einer stillen, durchdachten und immer neu bejahten Selbsthingabe.

Der 9. August 1942 im KZ Auschwitz war nicht der Abbruch, sondern die Vollendung dieses Weges. Hier verschmolzen philosophische Klarheit, mystische Tiefe und mitleidendes Herz zu einem letzten Zeugnis: dass die Wahrheit, die sie gesucht hatte, nicht bloß ein System, sondern eine Liebe ist, die stärker ist als der Tod.

Edith Stein war überzeugt, dass der Glaube nicht in einem Bruch mit der Vernunft wurzelt, sondern in deren Erfüllung. Sie wusste, dass die Vernunft allein nicht das ganze Maß des Menschseins erfasst – und dass der Glaube ohne die Ernsthaftigkeit des Denkens in eine bloße Stimmung zerfällt. In ihr verband sich daher das Denken der Philosophie mit der Gewissheit des Glaubens zu einer Einheit, die gerade in der Auseinandersetzung mit einer Welt der Ideologien unzerbrechlich blieb.

Heute, an ihrem Gedenktag, erkennen wir in ihr eine Gestalt, die dem modernen Menschen zeigen kann: Christsein ist nicht Vertröstung, sondern die Aufnahme der Wahrheit in den Ernst unseres Daseins. Die Festigkeit im Glauben und das Vertrauen auf Gott dürfen sich daher nicht erschöpfen in der Hoffnung auf ein zeitliches „Danach“, das uns irgendwann einmal zuteilwird. Sie müssen getragen sein von einem zeitlos inhaltlichen „Darüber hinaus“ – von jener Dimension, in der Wahrheit und Liebe schon jetzt unser Leben formen und verwandeln, wenn wir uns ihnen vorbehaltlos öffnen.

Autor:

Matthias Schollmeyer

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