Losgehen statt stehenbleiben

Dorothee Land | Foto: privat

Die Verfassungsänderung ist knapp gescheitert. Eine Stimme fehlte der Kirchenverfassung in geschlechtergerechter Sprache. Kirchenrätin Dorothee Land, Gleichstellungs­beauftragte der EKM, ist trotzdem zuversichtlich.

Haben Sie mit diesem Ergebnis bei der Abstimmung gerechnet?
Land:
Ich finde gut, dass wir in der Synode so offen und kontrovers diskutiert haben. Denn auch da gilt, was nicht in der Sprache ist, ist nicht in der Wirklichkeit. Es war zu erwarten, dass es eine enge Abstimmung wird. Dass nur eine Stimme gefehlt hat, ist schade, zeigt mir aber auch, dass eine Mehrheit die Veränderung will. Und, dass einige die eigenen Bedenken zurück gestellt haben zugunsten derer, für die wir das tun.
Frauen und Männer, die in geschlechtergerechter Sprache ein Zeichen sehen, dass Kirche bereit ist, gewohntes Terrain zu verlassen, auch ohne letzte Sicherheit, wo sie der Weg hinführt. Das ist für mich eine gut evangelische Haltung. Das steht uns gut zu Gesicht, wenn wir Kirche für Andere sein wollen.

Wie gehen Sie als Gleichstellungsbeauftragte jetzt damit um?
Land:
Zuallererst werde ich auch weiter meinen eigenen Umgang mit geschlechtergerechter Sprache sensibel wahrnehmen und darauf achten, so zu sprechen, dass Frauen und Männer in meiner Sprache sichtbar werden. Wir müssen alle lang eingeübte Gewohnheiten verändern. Das fällt niemandem leicht. Ich will, dass wir im Gespräch bleiben und nicht durch Abwertung oder Distanzierung das Gespräch abbrechen. Darauf werde ich achten und mich auch entsprechend äußern.

War die ganze Vorarbeit umsonst und sind die Änderungen damit Makulatur?
Land:
Auf gar keinen Fall. Die hohe Intensität und Emotionalität der Debatte hat gezeigt, dass es mitnichten um ein Randthema unserer Kirche geht. Wir sind eine Kirche des Wortes. Wir fragen, wie wir sprachfähig werden, so dass Menschen verstehen, dass Kirche und Glaube eine Relevanz für ihr Leben haben. Kirchliche Arbeit wird in vielen Bereichen unserer Kirche von Frauen getragen. Was vergeben wir uns, wenn sich das auch sprachlich abbildet?
Wie jeder und jede Einzelne spricht, ist weder vorzugeben, geschweige denn zu diktieren. Der Fokus liegt darauf, die zu unterstützen, die durch Sprache oder auch durch unser Tun in der Entfaltung ihrer Lebensmöglichkeiten beschränkt werden. Wir tun dies selbstverständlich, wenn es um Fragen ungerechter Wirtschaftssysteme, um soziale Ungerechtigkeiten, um die Folgen unseres Lebensstils geht. Warum also nicht auch, wenn wir die Wirkung unserer Sprache diskutieren? »Ich brauche das nicht«, ist in diesem Zusammenhang ein Argument, mit dem ich die Perspektive derer ausblende, für die gendergerechtes Sprechen existentiell bedeutsam ist. Die zentralen Punkte sind für mich: Öffnung statt Abgrenzung. Wahrnehmen statt Bewerten. Losgehen statt Stehenbleiben. Und in allem: Gottvertrauen.

Die Fragen stellte Willi Wild.

Autor:

Online-Redaktion

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