VOLKSTRAUERTAGS
EVANGELIUM

- Sascha Schneider: Cover von Band 30 GSW Karl May: UND FRIEDE AUF ERDEN
- hochgeladen von Matthias Schollmeyer
„Der Menschensohn wird einmal wiederkommen,
zu sprechen Urteil über Schlecht und Gut.
Zum Himmel auf führt er die wirklich Frommen,
die andern fahren ab zu roter Glut.“
So lehrt der Engel mich. Ich musste lachen -
doch ihn verdross mein kecker Übermut:
„Gott wird die Völker rufen aller Sprachen,
dass sie versammeln sich vor seinem Thron.
Die Bücher bringt man dann, die ihren Rachen
weit öffnen, zu verkünden Werk und Lohn.
Der Menschheit Taten werden vorgelesen:
‚Das Reich euch Guten‘, ruft der Gottessohn,
‚denn hungrig und auch durstig bin gewesen
ich damals. Fremd, gefangen nackt und krank.
Ihr speistet, tränktet, kleidetet erlesen
mich ohne Furcht vor Zank und vor Gestank.
Ich sehe wohl, ihr könnt euch nicht erinnern?
Es war, als tief im Leben ich versank.
Denn meiner armen Brüder Schmerz und Wimmern
war Gottes Echoruf vor euern Zimmern‘".
Ich staunte ob der Rede. Vor dem Engel
verharr´ ich in Gedanken. Es gab da
in meinem eignen Leben schwere Mängel,
vor Augen ward mir schwarz, als ich sie sah.
Doch jener fuhr nur weiter fort zu reden:
„Die Sache ist so klar wie Nein und Ja:
Was immer ihr getan habt einem jeden,
genau das habt ihr Christus auch getan.
Schau jene Abgewiesenen von Eden.“
Da sah ich traurig kommen Frau und Mann,
was waren das für armselige Wesen:
Es wankt und kriecht verzweifelt zu uns an …
Der Engel rief: „Vom Durst geplagt gewesen
war Gott. Auch nackt, Gefangener und krank.
Ihr speistet, tränktet, kleidetet erlesen
nur euch - und schenktet weder Brot noch Trank.
Ihr könnt auch heut euch nicht darauf besinnen,
wie mancher nur für euch zu Schanden sank?“
Da eilte den Verfluchten ich entgegen,
um Gnade bittend Gott - auch meinetwegen.


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