Oldisleben 1983
Lieber Martin, iss und trink. Du hast Arbeit für viele Jahre!
Über meine unmittelbaren Vorgänger kann man in der Chronik nachlesen. Sie haben (Pfr. Kern als Amtsvor-gänger und Pfr. Keller als Vakanz-Verwalter) einiges eingetragen. Alle Achtung! Mir war zunächst nicht danach.
Ich habe mich zuerst dem Bauen zugewendet, weil ich nicht wollte, dass meine Kinder und ihre Freunde sich
in Schuppen und Scheune verletzten. Dazu kamen weitere Schäden an Kirche und Pfarrhaus. So habe ich nach
meinem Weggang von Oldisleben in der Chronik nur leere Seiten hinterlassen, was bei der Pfarramtsübergabe von 1994 (Vakanz) moniert und auch bei der späteren von 1997 (Stellenbesetzung) wieder festgestellt wurde. So bekam ich einen Brief vom KKA Gotha, der mich an die alte "Auflage" erinnerte, die Chronik für meine Amtszeit in O. fertig zu stellen, wozu ich im Prinzip bereit war, aber nur weil ich es wollte und nicht wegen der "Auflage"... Die Kirche ist schon ein komischer Haufen.! Als ich weiland die Vakanz Seehausen übernahm, wurde der Bruder K. gelobt, weil er das Pfarramt (die Akten, die mageren Eintragungen, das Sakristeibuch und die Kirchenbücher) in tadellosem Zustand übergab. Dass Kirche, Schuppen und Scheune am Einfallen waren, wurde mit keinem Wort erwähnt nach dem Motto: "Das macht doch nichts, das merkt doch keiner!" Ganz ähnlich war es bei der Übergabe in Oldisleben: die Sanierung von Schuppen und Scheune, die Sanierung und Renovierung der Kirche und die Arbeiten am Pfarrhaus (Klärgrube und Heizung) wurden mit keinem Wort positiv festgestellt, aber das Fehlen der Eintragungen in der Chronik moniert!
In Blankenhain war ich von 1969 bis 1983. Zunächst als Vikar, dann als Inhaber der Pfarrstelle Blankenhain I
mit den Dörfern Rottdorf und Alt- und Neu-Dörnfeld. Ich war dort sehr gern. Nicht so schön war die doppelte Besetzung der Pfarrstelle (Früher einmal Sitz einer Superintendentur, die aber schon zu Zeiten von Super-intendent Braecklein, dem späteren Oberkirchenrat und Landesbischof, aufgelöst und zu Weimar geschlagen worden war.) Die doppelte Besetzung hatte aber auch gute Seiten (Die Urlaubsvertretung war immer geregelt), aber auch den Nachteil eines unmittelbaren Nachbarn und Konkurrenten, mit dem alles abzusprechen war, und das brachte Probleme, die schon sprichwörtlich geworden waren: "Sie zankten sich wie die Pfarrer von Blankenhain!"
Dennoch waren es gute Jahre! Wir, meine Frau und ich, waren Gründungsmitglieder des Blankenhainer Musizierkreises. Ich hatte einen Posaunenchor ins Leben gerufen. Ich sang mit meinem Kollegen Klaus H. im Singkreis Bad Berka. Wir hatten im alten Südkreis einen Predigt-Vorbereitungskreis und spielten einen regelmäßigen Doppelkopf in der Runde der Amtsbrüder. Aber nach 13 Jahren begannen wir, uns für die Ausschreibungen von Pfarrstellen zu interessieren, und eines Tages sind wir nach Oldisleben gefahren, das wir bis dahin kaum kannten. Der Ort war lange vakant gewesen und hatte einen Posaunenchor, der gerade sein 30-jähriges Bestehen gefeiert hatte. Wir prüften den Kuchen und das dortige Bier, ließen uns von Frau Fohmann herumführen, hörten ihre Klagen und ihre Werbung, und dann ging alles ziemlich schnell. Was sprach für Oldisleben? Der Kirchenchor, der Posaunenchor, Frau Barbara Jabin als Kantor-Katechetin, die Pfarrstelle als Unikum, ein überschaubares, großes Dorf (Flecken), schön gelegen, ein Flötenkreis, Frau Fohmann als engagierte Kirchenälteste und Küsterin, Ärzte, Apotheke und Schule vor Ort. Eine Stelle für meine Frau gab es auch. Was sprach dagegen? Die offensichtliche Baulast! Satz meines Freundes Jobst-Dieter H., damals Pfarrer in Tannroda: "Lieber Martin, iss und trinke und habe guten Mut. Du hast Arbeit für viele Jahre!"
Nun kürzer: 20.03.83 -Abschied von Blankenhain unter Mitwirkung des Posaunenchores. Mo., d. 21.03.83 -
Umzug nach Oldisleben. Eine Katastrophe ersten Ranges! Beinahe wäre unser gerade geborenes Baby Beate
von einem Schrankteil erschlagen worden! Aber ihr war nichts passiert. Gott sei Dank! Beim Einzug halfen das Ehepaar Jabin, Frau Gebhardt, das "Ziehkind" von Frau Fohmann, Sylvio, und der Posaunenchor. Als Synodaler hatte ich an der Sitzung der Synode (24.-27.03.) in Eisenach teilzunehmen und kam erst am Sonntag der Einführung zurück.
Schon bald bekamen wir einen ersten Eindruck von der Anteilnahme und Phantasie der Oldislebener.
Als ich in Heldrungen in den Zug stieg, war nicht zu übersehen, dass ich mit einem Koffer reiste. So machte fol-gender Satz die Runde: "Ach, die arme Frau Pfarrer! Kaum sind sie umgezogen, da muss der Herr Pfarrer zum Militär!" So haben wir manchen Anlass für die Gerüchteküche des Fleckens geliefert. Aber wir haben uns nicht darum gekümmert.
Erster Höhepunkt: die Osternacht in der Kirche der Alt-Lutheraner in Heldrungen (02.04.83). Mi., d. 25.04. -
Amtsübergabe mit Kreis-Kirchenrätin Förster vom KKA Gotha. 1. Sitzung des GKR am 20.04. 1.Bestattung -Ernst Müller am 11.04. 1. Taufe: Stefani Graß am 22.05. 1. Trauung: Ute Brambach und Uwe Kalklösch am 28.5.
Chortreffen am 29.05. in Allstedt. Sonntag, d. 29.05.: Sommerkonzert des Blankenhainer Musizierkreises (BMK). Samstag, d. 02.07.: Gemeindefahrt nach Saalfeld, Arnsgereuth, Blankenhain und Tiefurt. Mi., d. 27.07.:
Konvents-Ausflug in den Harz. Nun sind wir schon ganz gut angekommen. Manchmal noch eine Amtshandlung in Blankenhain und ein halbes Jahr die Betreuung des Pflegeheimes I daselbst, aber stetige Ablösung. Bestand
hatten: die Proben des BMK, die Doppelkopf-Runde, die Sinfonie-Konzerte in Weimar und die Geburtstage der Freunde. Am 14.08., 10.45h wird Beate getauft zusammen mit Phillipp Hutt. Aus diesem Anlass sind unsere
Freunde Dora und Martin Schultheiß bei uns zu Besuch. Die weiteren Paten: Hermann Schmalfuß, Friedrun Rentsch und Rosemarie Lencer.
Der Konvent hat einige Typen: Herche, Allstedt, der gern von der Zwei-Reiche-Lehre Luthers redet; Keller, Ringleben, der gern in Zungen reden würde und das im Unterricht in Esperstedt offensichtlich auch demons- triert hat, weil mich die Kinder danach fragten, ob ich das auch könne? Wagner, Wolferstedt, der mit dem Kalender in der Hand über die eigenen Füße fällt; Ernst Selle, Bendeleben, der ein wirklich Frommer ist, und Georg Krause, der markige Sprüche liebt. Der Sup (Dieter Bornschein) ist in Ordnung. Einziger Freund in der
Runde: Martin Göttsching, Bad Frankenhausen II, mit dem ich in Eisenach das 2. Examen abgelegt habe.
Im August stirbt die Älteste Erna Raue, und Christiane Weineck (Mühle Weineck) heiratet den Invaliden-Rentner Zörkler aus Espersted, was nicht gut geht. Guter Ältesten-Tag in Allstedt (30.10.). Die neuen
Ältesten wurden in Oldisleben gewählt in einer Gemeinde-Versammlung nach dem Gottesdienst(16.10.). Der bisherige Älteste Otto Schmidt, Unterdorf, fällt heraus, weil er selbst bei der Wahl nicht anwesend ist und auch keiner von seiner Familie. Der Drogist Martin Heinze war aus Altergründen nicht wieder angetreten. Die Einführung der neuen Ältesten erfolgt am 1. Advent (27.11.). Am 14.11. kamen 1.000 Dachziegeln für das Dach der Kirche, um die ich die Partnergemeinde Ilsfeld gebeten hatte. Die Konventualen, samt OKR Saft, Gotha, und einige Gemeindeglieder halfen bei Abladen und Einlagern in der Kirche! Friedendekade (06.-16.11.) gut angenommen. Martini wie bisher vor der Kirche. Beginn eines Ehepaar-Kreises und Feier der Kirchweih (1. So. im Dezember). Adventsmusik mit anschließender Chorfeier am 18.12. Erlebnis am Heiligen Abend: 2 x volle Kirche mit Chor und Posaunen! Insgesamt viel Arbeit. Aber sie macht Freude! Wir werden gut angenommen. Danke!
Autor:Martin Steiger |
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