Klage, die aufrichtet

Samuel Weber, Pfarrer in Lichtenberg | Foto: privat
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Du, Herr, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name.
Jesaja 63, Vers 16 b

Von Samuel Weber, Pfarrer in Lichtenberg

Wer einmal die Geburtskirche in Bethlehem besuchen möchte, der muss klein sein oder sich klein machen, damit er durch die Tür gehen kann. Am Gemäuer ist leicht zu erkennen, dass der Zugang einmal viel größer war. Es wird erzählt, dass Menschen, die nicht an Jesus glauben, das Heilige Land eroberten und mit ihren Pferden in diese älteste Kirche der Christenheit hineinritten. Um das zukünftig zu verhindern, mauerte man die hohe Tür bis auf einen niedrigen Eingang zu.
Die Tür ist jetzt mit ihren ca. 1,40 Meter so klein geraten, dass man klein und gebückt sein muss, um hindurchgehen zu können. Dieser Vorgang ist etwas anstrengend, aber er lohnt sich. Denn wer einmal durch die Tür hindurchgegangen ist, der wird danach im Haus des Herrn wiederaufgerichtet, körperlich und seelisch.
Der Prophet Jesaja berichtet davon, dass Gott auch ihn aufrichtet. Dabei scheint es so gar keinen Grund dafür zu geben. Der Tempel in Jerusalem ist zerstört, das Volk nach Babylon deportiert und das Königreich aufgelöst. Das Allerschlimmste ist aber, dass die alten Verheißungen nicht mehr tragen. Diese Gedanken bekümmern den Propheten und machen ihn mühselig und beladen. Aber der größte Schmerz ist für ihn der Gedanke nach Gott inmitten dieser Katastrophe. Ja, Gott, wo bist du heute? Diese Frage ist so alt, wie sie modern ist. Es gibt viele Situationen, in denen wir sie stellen, etwa bei großen Katastrophen, beim Hören einer Krankheitsbotschaft, im Blick auf die vielen Menschen, die sich vom Glauben an Jesus Christus abwenden und viele andere Beispiele mehr.
Inmitten seiner Klage findet der Prophet seine Antwort. Mit seiner Klage hat er sich auf die Suche begeben und in ihr hat er seine Beziehung und seine Nähe zu Gott wiedergefunden. Er findet in der Klage die Begegnung zu Gott. Dies ist für ihn der Neubeginn. Und dieser richtet ihn auf. Er gibt ihm neue Hoffnung in der Katastrophe, sodass er die alte Verheißung wieder hören und neu auf sie vertrauen kann: »Du, Herr, bist unser Vater; ›Unser Erlöser‹,
das ist von alters her dein Name.«
Der Advent ist auch eine Zeit der Besinnung, die uns zur Gottessuche einlädt. Der Prophet zeigt uns seinen Weg, wie er ihn gesucht und wiedergefunden hat.

Autor:

Adrienne Uebbing

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