Luther und Reformation für Pubertierende

Franckesche Stiftungen widmen sich denen, die es am wenigsten ins Museum zieht
Von Claudia Crodel

Kann man Pubertierende ins Museum locken und ihnen dort die Reformation näherbringen? Die Franckeschen Stiftungen wagen das Experiment. In ihrer diesjährigen Jahresausstellung widmen sie sich der Altersgruppe, die in Museen meist zu kurz kommt und wohl die schwierigste Zielgruppe ist, den Jugendlichen, und das auf besondere Weise. »Es gibt in diesem Jahr 83 kulturhistorische Ausstellungen zur Reformation. Da wollten wir in den Franckeschen Stiftungen nicht die 84. bieten«, sagt Claus Veltmann, Kustos des Historischen Waisenhauses.
Aus diesem Grund gehen die Ausstellungsmacher neue Wege. Zwar ist auch dort die Reformation das Thema, aber unter dem Titel »Du bist frei« werden Kernthemen des reformatorischen Aufbruchs aufgegriffen und auf ihre Relevanz in der heutigen Zeit geprüft. Da geht es nicht um das Betrachten von Ausstellungsobjekten und das Lesen von erklärenden Texten dazu. Vielmehr ist dort das Selbst-aktiv-Werden – teils in der Gemeinschaft – gefragt sowie das Hinterfragen von Spuren der Reformation im eigenen Leben. Analoge Impulse und moderne Technik fordern zur Interaktion heraus. Historische Quellen und Ausschnitte aus der Kultur unserer Zeit sollen zum Nachdenken anregen.
Zwei Jahre lang haben sich Claus Veltmann, das Team um Museumspädagogin und Leiterin des Kinderkreativzentrums Krokoseum, Susanna Kovacs, und das Büro Groenlandbasel für visuelle Gestaltung, Architektur und Szenografie aus der Schweiz mit der Konzeption befasst und Jugendliche in diesen Prozess mit einbezogen.
Sieben Räume sind entstanden. Der erste befasst sich mit dem Thema »Angst«. In einer engen Nische stehend, kann der Besucher ein Video des Medienkünstlers Murat Haschu ansehen. Mit apokalyptischen Bildern wird die Bedrängnis durch die Angst vor dem Teufel, dem ungnädigen Gott und dem Jüngsten Gericht vor Augen geführt. Doch dieser Angst kann man begegnen, die Gemeinschaft macht stark. Das wird spielerisch und schweißtreibend auf einem Fahrrad, das den Raum erhellt, im zweiten Raum ausprobiert. Danach geht es um Vorbilder und was sie für den Einzelnen bedeuten. Welche Werte stehen für vorbildliches Verhalten? Und wie ist es mit christlichen Tugenden? Da kommt ein »Wert-O-Mat« ins Spiel, der die Vorschläge in einer Tag-Cloud darstellen kann.
Durch die Erfindung des Drucks war die Lutherzeit eine Medienrevolution. Und auch in der heutigen Zeit geht es bei der Flut von Informationen darum, herauszufiltern, zu sortieren und zu reagieren. Welche Macht haben Sprache und Bilder? Flugschriften Luthers werden unter die Lupe genommen. Für Luther hatte auch Musik eine identitätsstiftende Bedeutung. Das können die Jugendlichen an einem besonders präparierten Tisch ausprobieren und mit kurzen Sequenzen aus Chorälen, mit Melodien, Beats oder Hip-Hop Musik selbst erfinden. Nach all den Aktionen geht es im letzten Raum schließlich um das Reflektieren des Themas »Du bist frei« in entspannter Atmosphäre.
Gedacht ist die Schau für Gruppen von Schülern, vorwiegend im Alter
von 13 bis 18 Jahren, die Workshops belegen können. »Die Ausstellung ist ein Experiment. Wir müssen erst mal sehen, wie sie funktioniert und sie gegebenenfalls weiterentwickeln«, so Susanna Kovacs. Auf die Jugendlichen wartet zudem ein Rahmenprogramm.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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