»Einer der wunderlich packendsten Erzähler« 

»Blick über Wiener Vorstadthäuser und Gärten« – 
Gemälde von Adalbert Stifter (Repro:  epd-bild/akg-images)
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    Gemälde von Adalbert Stifter (Repro: epd-bild/akg-images)
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Zum 150. Todestag des Schriftstellers Adalbert Stifter am 28. Januar

Von Claudia Schülke

Auf dem Hochkamm im Dreiländereck zwischen Bayrischem Wald und Böhmerwald ragen die Fichten nackt in den Himmel. Es ist die Heimat des Dichters Adalbert Stifter (1805 bis 1868), in seiner Novelle »Hochwald« hat er sie beschrieben. Noch heute erinnert ein Obelisk auf der Felswand am tschechischen Plöckensteiner See an den Dichter.
Stifter, gestorben vor 150 Jahren am 28. Januar 1868, hat den größten Teil in dieser Gegend rund um seinen Geburtsort Oberplan verbracht. Die schönste Zeit seines Lebens, so Stifter, erlebte er im Benediktiner-Stiftsgymnasium in Kremsmünster. Dort hörte er »zum ersten Mal den Satz: das Schöne sei nichts anderes als das Göttliche im Kleide des Reizes dargestellt«, erinnert er sich rückblickend mit 59 Jahren. Es ist eine harmonische Weltschau, die er in seinen Werken beschwört – und hier wurde der Grund gelegt.
Als Jurastudent und Hauslehrer in Wien verliebte er sich später so unglücklich, dass er 1830 sein Studium ohne Abschluss abbrechen musste. Jener Unglücksliebe setzte er 1857 in seinem Roman »Nachsommer« ein Denkmal. In epischer Breite propagiert Stifter darin den Verzicht auf unheilvolle Leidenschaften. Zeitgenosse und Kollege Friedrich Hebbel beschwerte sich über einen »Mangel an Leidenschaft und Tatkraft«. Gerade dieser Stil aber wurde zu Stifters Markenzeichen. Thomas Mann schrieb über ihn: »Stifter ist einer der merkwürdigsten, hintergründigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur.«
Ende der 30er-Jahre entstanden auch seine ersten Gemälde: der »Blick auf Wiener Vorstadthäuser« und die »Ruine Wittinghausen« – ein Motiv, aus dem der Altersroman »Witiko« über den Erbauer hervorging. Der Sammlung »Bunte Steine« stellt er
ein programmatisches Vorwort voran: »Wir wollen das sanfte Gesetz zu er-
blicken versuchen. Es ist das Gesetz, das will, dass jeder geachtet, geehrt,
ungefährdet neben dem anderen bestehe, dass er als Kleinod gehütet werde.«
Die Revolutionsunruhen von 1848 veranlassten ihn nach Linz umzuziehen. Als seine Ziehtochter Juliane 1859 in der Donau ertrank, verfiel der Dichter einem «Nervenleiden», wie es damals hieß. Das psychische Brodeln unter der gezähmten Prosa brach sich Bahn. Am 26. Januar 1868 schnitt er sich mit einem Rasiermesser die Kehle auf, wohl auch, weil er die Schmerzen seiner Leberzirrhose nicht mehr ertragen konnte. Zwei Tage später starb er. (epd)

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