USA: Trumps Entscheidung widerspricht dem Evangelium

Von Konrad Ege

Unamerikanisch, unbiblisch: Die Kritik kam hart und schnell, nachdem US-Präsident Donald Trump nach nur wenigen Tagen im Amt das Einreisedekret unterzeichnet hatte: Programme zur Aufnahme von Flüchtlingen werden ausgesetzt, syrische Flüchtlinge gar nicht mehr aufgenommen, und mindestens 90 Tage lang gibt es keine Einreisevisa für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern. Inzwischen läuft das juristische Tauziehen um die Umsetzung, nachdem ein US-Bundesgericht das Einreiseverbot vorläufig gestoppt hat.
Kirchenvertreter sprachen Klartext. Fliehende aufnehmen sei ein »Tun der Liebe und der Hoffnung«, erklärte Bischof Joe Vásquez vom Migrationsausschuss der römisch-katholischen Bischöfe. Trumps Entscheidung »widerspricht dem Evangelium«, schrieb das Jesuitenmagazin »America«. Christen hätten »keine Angst vor ihren neuen Nachbarn, die um ihr Leben geflohen sind«, sagte die Präsidentin des lutherischen Flüchtlingshilfsdienstes, Linda Hartke. Doch ganz so eindeutig ist die Haltung der US-amerikanischen Christenheit auch wieder nicht. Das zeigte sich unter anderem beim traditionellen »nationalen Gebetsfrühstück«. Politiker beider Parteien, Geistliche und Gläubige unterschiedlicher »Schattierungen«, wenn auch mit starkem Trend zum Evangelikalen, und Würdenträger aus dem In- und Ausland kommen dabei zusammen, dem Gedanken folgend, gemeinsames Beten helfe, Gegensätze zu überbrücken.
Wie seine Amtsvorgänger hat auch Trump teilgenommen. Er nutzte die Gelegenheit, seine Einreisepolitik zu verteidigen. Amerikaner müssten sich sicher und wohl fühlen in ihrem Land, erklärte er, und »in den letzten Tagen haben wir begonnen, dieses Ziel zu erreichen«. Es gab keine empörten Zwischenrufe. Mehrmals applaudierten die bei Orangensaft, Kaffee und Frömmigkeit Versammelten. Donald Trump hat viele Freunde im christlichen Amerika.
Vielen Christen ist die Abtreibungsfrage wichtig. Trump hat bereits einen Richter zum Obersten Gerichtshof nominiert, der das Verfassungsurteil von 1973 zur Legalisierung des Schwangerschaftssabbruchs kritisch sieht. Trumps Vizepräsident Mike Pence sprach mehrere Tage nach Amtseinführung beim »Marsch für das Leben«, der jährlichen Kundgebung für ein Abtreibungsverbot. Beim Gebetsfrühstück versprach Trump, er wolle die Regel aufheben, dass Kirchen nicht parteipolitisch aktiv sein dürfen – schon lange ein Wunsch konservativer Evangelikaler.
Weiße Katholiken, Protestanten und Evangelikale haben mehrheitlich Trump gewählt. Der hatte bereits im Wahlkampf ein Einreiseverbot für Muslime und die große Grenzmauer gegen Mexiko versprochen. Und un­amerikanisch ist die einwandererfeindliche Haltung eben auch nicht. Vieles ist schon mal da gewesen. Protestanten haben vor gut hundert Jahren vor der Einwanderung von Katholiken gewarnt. Im Zweiten Weltkrieg wurden mehr als 100 000 japanisch-stämmige US-Einwohner interniert. Und vielen jüdischen Menschen auf der Flucht vor den Nazis wurde die Einreise ins Land der Hoffnung verwehrt. Kirchen sind in den USA so komplex wie der Rest der Gesellschaft. Prophetisch sein ist keine Mehrheitsposition.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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