Ökumene in der »Ewigen Stadt«

Begegnung: Papst Franziskus bei seinem Besuch in der evangelischen Christuskirche mit Pfarrer Kruse | Foto: epd-bild
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Ein Protestant in Rom: Hier ist Jens-Martin Kruse seit 2008 Pfar-
rer der evangelischen Christuskirche. Vor seinem Amtsantritt als Hauptpastor der Hamburger Petrikirche stellte er sich den Fragen von Willi Wild.

Wie sieht Ihre persönliche ökumenische Bilanz im Reformationsjahr aus?
Kruse:
Die Ökumene ist die entscheidende Dimension 2017 gewesen. Es hat angefangen mit dem großen ökumenischen Gottesdienst in Lund am 31. Oktober 2016 mit Papst Franziskus und Bischof Younan vom Lutherischen Weltbund. Und das hat im Grunde genommen das ganze Jahr 2017 unter ein ökumenisches Vorzeichen gestellt. Das hat sich niemand vorher vorstellen können. Das hat auch keiner zu hoffen gewagt, dass dieses Jahr 2017 in Italien einen ökumenischen Impuls gibt, wie wir das jetzt staunend erleben.

Was ist passiert?
Kruse:
Die öffentliche Aufmerksamkeit für diese ganz kleine evangelische Gemeinde hier in Rom mit 500 Gemeindemitgliedern in dem großen Meer der römisch-katholischen Kirche ist ganz erstaunlich. Ob es das Fernsehen ist, ob es das Radio ist, ob es die Printmedien sind, ob es die Universitäten sind oder die Gemeinden, überall ist ein ganz großes und sehr ehrliches, wohlwol-
lendes Interesse an Martin Luther.
Ich hätte jemand einstellen können, der sich nur um die Anfragen kümmert. Bislang ist Luther hier nicht vorgekommen. Auch mit dem Namen konnten bis vor Kurzem die wenigsten etwas anfangen. Jetzt erlebe ich neugieriges offenes Interesse: Wer war Luther? Was zeichnet die Reformation aus? Und wer seid ihr eigentlich, ihr Evangelischen?
Aus Rücksicht auf die katholische Kirche wurde aus dem Lutherjahr ein Christusfest. Für die Kritiker hat man damit den Reformator und die Reformation weichgespült.
Kruse: Ich finde, es ist eine Stärke für die evangelische, aber auch für die katholische Kirche, dass man dieses Jahr gemeinsam als Christusfest feiert. Und ich hab überhaupt keine Angst oder Sorge, dass eine der beiden Kirchen irgendwie etwas weichspülen würde oder etwas nicht klar genug wäre – im Gegenteil. Also von außen gesehen mit Blick auch von Rom oder den Blick der römisch-katholischen Weltkirche auf die ganze Welt, brauchen wir genau dieses ökumenische Zeugnis heute.

Wäre nach Ihrer Einschätzung mehr Ökumene drin gewesen?
Kruse:
Dass dieses Jahr in einer großen Übereinstimmung und Gemeinsamkeit von evangelischen und katholischen Kirchen gefeiert wird, ist per se erst mal ein sehr positives Zeugnis. Mein Eindruck ist, dass man aufgrund dieses positiven Verlaufs durchaus noch mehr aus diesem Jahr 2017 rausholen könnte. Man sollte sich nicht zufrieden zurücklehnen, sondern die Verpflichtung, den Auftrag für mehr Ökumene angehen.

Was heißt das konkret?
Kruse:
Stichwort »Gemeinsames Abendmahl für konfessionsverbindende Ehen« – der Schwung des Jahres 2017 sollte genutzt werden, um zu konkreten Vereinbarungen zu kommen.

Warum ist das gemeinsame Abendmahl so wichtig?
Kruse:
Zum einen ist es ein sichtbares Zeichen der Einheit der Christenheit. Außerdem leiden die konfessionsverbindenden Ehepaare ganz existenziell darunter, dass wir als Kirchen noch nicht mehr Einheit haben. Deshalb ist es wichtig, dass dieser Not abgeholfen wird.

Ist eine Lösung in Sicht?
Kruse:
Es gibt eine berechtigte Hoffnung, mit guten Gründen, dass wir nicht über Jahrzehnte reden, sondern über Monate und wenige Jahre. Das gemeinsame Abendmahl ist eben auch innerkatholisch denkbar und vom Kirchenrecht her heute schon abgedeckt.
Im Grunde braucht es weder theologisch noch kirchenrechtlich viel, um zu einer Vereinbarung zu kommen. Papst Franziskus hat dazu ausdrücklich Mut gemacht. Und da darf man diesen Papst sehr ernst nehmen. Es ist gut, nicht zu drängen, aber deutlich zu machen, dass wir darauf zugehen.
Wie halten Sie es in Ihren Abendmahlsgottesdiensten?
Kruse: Sowohl in evangelischen als auch katholischen Kirchen gilt die Gastfreundschaft. Es ist gängige Praxis – auch in Rom –, dass niemand vom Tisch des Herrn abgewiesen wird. Wichtig ist, dass zukünftig keiner mehr ein schlechtes Gewissen dabei haben muss.

Menschen ist es gelungen die Trennung herbeizuführen, dann müssten sie doch auch die Einheit wieder hinbekommen, oder?
Kruse
: Das ist richtig, nur dürfen wir uns nicht überheben. Mit unseren menschlichen Kräften gelingt uns Einheit eher selten. Deshalb ist die geistliche Ökumene, das Gebet um Einheit, die Gebetswoche für die Einheit der Christen eben tatsächlich so was wie die Herzkammer der Ökumene. Das lässt uns nicht aus der Pflicht, all das zu tun, was uns möglich ist. Aber ohne den Beistand des Heiligen Geistes kommen wir an der Stelle nicht weiter.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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