Freitags vor 1
Kreuzfahrt, Klimakatastrophe, Kreislaufwetter

Glaube+Heimat 30/2022 | Foto: G+H

Es kam aus mir einfach so heraus. Ich konnte es nicht fassen. Ich wollte es nicht wahrhaben. Ich wurde wütend und wurde laut.
Der Spaziergang durch die Erfurter Innenstadt ist eigentlich eine schöne Sache. Bei etwas mehr als 35 Grad im Schatten wird er aber schnell zur Tortur. Das gilt für Menschen, die ihren Sommerurlaub genießen wollen genau so wie für jene, die nur mal kurz ihre Mittagspause für Frischluft nutzen wollen. 

Menschen ohne festen Wohnsitz leiden bei diesem Wetter besonders. Sie können nirgends dauerhaft hin und leiden selbst im Schatten. Dass ihnen schon mit Kleinigkeiten - etwa einer Flasche Wasser - oft geholfen ist, sollte in diesem Text dennoch nur eine (wenn auch wichtige) Randnotiz sein. 

Denn was mich bei der wieder einmal spürbaren Klimakrise zur Beinahe-Explosion brachte, das war ein voller Verkaufsraum eines Reisebüros. Denn wenngleich niemand etwas gegen Urlaub haben kann, so darf die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Legitimität von Kreuzfahrten doch einmal mehr gestellt werden. Laut einer Studie des Thinktanks Transport and Environment aus dem Jahr 2019 schaffte allein die Reederei MSC es, mit einem Kohlenstoffdioxid-Ausstoß von elf Millionen Tonnen für 2018 unter die Top 10 der europäischen Klimasünder. Die Riesenpötte, die binnen weniger Minuten eine ganze Hafenanlage verdunkeln können, erreichen damit mehr CO2-Emissionen als die Billigfluggesellschaft Ryanair und umgeben sich auf der Liste mit zahlreichen arbeitenden Kohlkraftwerken. Ein Rekord, der zweifelsohne fragwürdig genannt werden darf.

Dass nun aber ausgerechnet in einer Woche, in der allerorts Temperaturrekorde gebrochen werden und die Bundesregierung eine offizielle Studie zu den Kosten der Klimakrise veröffentlicht (Spoiler: der Klimawandel kostet Deutschland pro Jahr etwa 6,6 Milliarden Euro), ein aus ebensolche Schiffsreisen spezialisiertes Reisebüro einen riesigen Ansturm erlebt, machte mich fassungslos und bringt mich noch immer zu unschönen Worten.

Es scheint an dieser Stelle noch längst nicht überall angekommen zu sein, dass Klimawandel, Kreuzfahrten und Kreislaufwetter untrennbar verbunden sind. Schade.

Gar nicht schade ist hingegen, dass wir es wieder einmal geschafft haben und Sie sich auf neue Texte und Fotos aus der Glaube+Heimat-Redaktion freuen dürfen. Unsere Kirchenzeitung Nummer 30/2022 ist fertig und wird in diesen Tagen ausgeliefert und ist als E-Paper verfügbar.
In diesem Sinne wünsche ich schon einmal eine gute Lektüre und bleiben Sie uns gewogen!

Unsere Themen:

Offen für Ökumene
Liebe zur Schönheit
Wer hat die Bibel gestohlen?

Neugierig geworden?

In Glaube + Heimat lesen Sie wöchentlich Reportagen und Berichte aus den Kirchenkreisen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts, aus Deutschland und der Welt und erfahren Sie mehr über Hintergründe zu gesellschaftlichen Debatten und zu Glauben im Alltag. Die Mitteldeutsche Kirchenzeitung „Glaube+Heimat“ erhalten Sie als E-Paper und als gedruckte Ausgabe im Abonnement.

Autor:

Paul-Philipp Braun

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