Himmel, Arsch und Luther

Kommentar von Gerd-Matthias Hoeffchen

Donnerwetter! Wenn man sich mit Martin Luther beschäftigt, wird man irgendwann auch auf seine Sprache stoßen. Tatsächlich fühlt man sich bei der Lektüre seiner Zitate frappierend an die heutige »hate speech« erinnert; die »Hassrede« – jene neu aufkommende Verrohung der Sprache, die in unsäglichen, aber quotenträchtigen Talkshows in die Wohnzimmer flimmert und endlos wiederholt wird in den sozialen Medien.
Auch Luthers Zeit war eine Periode der »hate speech«. Die Kulturwissenschaft bezeichnet diese Periode mit dem Wort »Grobianismus«. Der große Reformator schimpfte und provozierte, wütete und kanzelte ab wie kaum ein zweiter.
Luther war ein Phänomen. Vom Akademiker zum Straßenprediger, vom wissenschaftlichen Diskurs zur Wort-Gewalt eines Fischverkäufers, der die Menschen Kraft seiner Sprache zum Zuhören zwingt. Nicht alles ist dabei seiner Veranlagung zum Choleriker zuzuschreiben. Auch nüchternes Kalkül wird eine Rolle gespielt haben. Denn Luther wollte die Menschen erreichen; nicht nur die Gebildeten, sondern das ganze Volk. Er suchte und fand die Aufmerksamkeit der Menschen auf den Straßen. Er buhlte regelrecht darum.Und daran hapert es heute.
Wer heute Theologen nach Gott und Glaube fragt, erhält meist erst mal eine Antwort: »Das ist alles nicht so einfach.« Das stimmt auch. Es ist nicht einfach, eine 2 000 Jahre alte Botschaft in heutiges Denken und Fühlen zu übersetzen. Aber auch für Luther lagen schon 1 500 Jahre dazwischen. Und er fand einen Weg.
Niemand kann eine Jahrtausend-Figur wie Martin Luther einfach kopieren. Aber: Das Evangelium so zu verkündigen, dass auch RTL 2-Zuschauer hinschauen und hinhören – wäre nicht das die Herausforderung heutiger Theologie?

Autor:

Adrienne Uebbing

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