Dramolett
nach einer Idee von Gott

- hochgeladen von Matthias Schollmeyer
Das Boot – Eine Schulstunde
… nach einer Idee von Gott
Personen:
• Der Denker
• Die Mutter
• Der Vater
• Der Lehrer
• Gott
• Hermes
ERSTER AUFTRITT
(Ein Klassenzimmer. Holzbänke, ein schiefstehender Tisch, eine Tafel mit Kreideresten. Der Lehrer schlägt mit dem Lineal gegen die Tafel.)
Lehrer: Ruhe da hinten!
Heute, Kinder, geht es um das Leben.
Ein Boot.
Wir alle darin.
Wer rudert,
wer denkt,
wer betet?
Denker (lehnt träumerisch an der Bank):
Ich denke …
und schon schaukelt es.
Mutter (mit Einkaufstüten):
Ich packe Brote.
Immer packe ich Brote.
Doch keiner isst sie.
Vater (mürrisch):
Und ich?
Ich soll rudern.
Dabei wollte ich schlafen.
(Gelächter der unsichtbaren Klasse
ZWEITER AUFTRITT
(Gott tritt ein, unauffällig, wie ein zu spät kommender Schüler. Er setzt sich in die letzte Reihe.)
Lehrer (misstrauisch):
Und wer bist du?
Gott (trocken):
Unwichtig.
Ich bin präsent
als Thema.
(Stille. Der Denker schaut auf. Mutter und Vater hören auf zu streiten. Hermes stürzt herein, atemlos, mit Sandalen voller Kreide.)
Hermes:
Die Pausenglocke läutet gleich!
Doch zuvor die Botschaft:
Das Boot, von dem ihr sprecht –
es fährt wirklich. Auf uns zu.
(Alle blicken aus dem imaginären Fenster.)
DRITTER AUFTRITT
(Das Boot erscheint – unsichtbar, aber bedrohlich. Das Klassenzimmer schwankt. Die Figuren geraten ins Rollen.)
Vater: Wir saufen ab!
Mutter: Wir haben doch gar kein Wasser hier!
Denker: Das Wasser ist die Wahrheit.
Lehrer: Wer hat hier die Wahrheit erlaubt?!
(Gott steht auf, hebt die Hand.)
Gott:
Ihr sollt ein Spiel spielen.
Komödie – weil ihr lachen müsst.
Tragödie – weil ihr sterben werdet.
Aber zuletzt – Erlösung.
VIERTER AUFTRITT - DAS KENTERN
(Schreie. Die Bänke kippen, der Tisch bricht. Alle Figuren spielen das Ertrinken. Grotesk, slapstickartig – sie rudern in der Luft, trinken Kreidestaub wie Wasser, die Mutter verteilt Brote, die keiner nimmt. Der Vater schlägt mit Paddelbewegungen den Lehrer nieder. Der Denker versinkt langsam hinter der Bank wie in eine Tiefe.)
Hermes (als Bote):
Sie alle gingen unter.
Doch lachten sie noch dabei.
Denn Gott hatte es so gewollt.
EPILOG
(Alle Figuren stehen plötzlich wieder auf, klatschnass, die Brote zerweicht, der Lehrer kreideweiß, der Vater husten muss. Gott wischt die Tafel ab. Alles ist still.)
Denker (leise):
Vielleicht war das Boot nur der Gedanke,
dass wir alle auf demselben Wasser schwimmen.
Mutter:
Und dass Brote,
selbst wenn sie nass sind,
immer noch nähren.
Vater:
Und dass man, selbst wenn man ertrinkt,
doch noch lachen kann.
Lehrer (nickt):
Das war die Stunde.
Aus.
Gott rettet nicht die Welt.
Aber die Sicht - auf die Welt
APOTHEOSIS
(Die Pausenglocke läutet.
Hermes zieht sie energisch.
Alle Figuren gehen schweigend ab.
Nur Gott bleibt,
malt mit Kreide auf die leere Tafel ein Boot,
setzt sich hinein – und rudert davon.)
Autor:Matthias Schollmeyer |
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