Zwischenruf
Wie sich Kirche auf den Herbst vorbereiten sollte

Tatkräftige Hilfe durch die Diakonie Genthin im Sommer 2022: Die Mitarbeiter packen Lebensmittelkisten für Bedürftige. | Foto: Oliver Gierens
  • Tatkräftige Hilfe durch die Diakonie Genthin im Sommer 2022: Die Mitarbeiter packen Lebensmittelkisten für Bedürftige.
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Soziale Spannungen:
Gedanken und Anregungen, wie Christen damit umgehen können

Von Dieter Kerntopf

Wir haben eine gefährliche Zeit vor uns, die nicht nur mir Angst macht. Die sozialen Spannungen in unserem Land werden sich in den nächsten zwei Monaten drastisch verschärfen. Querdenker und Rechtsradikale und Demokratieablehnende werden diese Situation ausnutzen und Unruhe schüren. Eine Situation wie die Auseinandersetzungen mit den sogenannten Gelbwesten vor Jahren in Frankreich wird immer wieder heraufbeschworen.
Auch wenn es eine völlig andere Ausgangssituation wie 1989 ist, kommen doch die Ängste wieder hoch. Es geht nicht um eine andere Republik, es geht um soziale Gleichheit und Gerechtigkeit. Damals ging es um politische Gleichheit und Gerechtigkeit. Gleich ist, dass, wie damals, der Aufruf „Keine Gewalt!“ alles überlagern muss. Auch wenn es wie damals um verschiedene Vorstellungen geht – nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt Gewalt.
Wie können wir uns jetzt schon darauf vorbereiten? Welche Aufgabe werden die Kirchen und Kirchengemeinden dabei spielen, dass Gewalt, nicht mal als letztes Mittel, in Erwägung gezogen wird? Wir müssen verhindern, dass Gruppen jede Möglichkeit – seien es politische Fragen, seien es soziale Spannungen, sei es Corona und mehr – ausnutzen, um Gewalt in die Bevölkerung zu tragen.

"Aufgabe als christliche Gemeinde ist es, wie im Wendejahr 1989, zu entspannen, aufzuklären und Gruppen zusammenzubringen"

Ich denke, unsere Aufgabe als christliche Gemeinde ist es, wie im Wendejahr 1989, zu entspannen, aufzuklären und Gruppen zusammenzubringen, die jetzt scheinbar keine Gesprächsmöglichkeit zueinander finden. Dies bedeutet auch, einen parteiübergreifenden Dialog zu initiieren. Nicht allein einseitige und eng begrenzte parteipolitische Entscheidungen sind jetzt notwendig. In besonderen Situationen kann es nicht darum gehen, dass eine Partei oder Regierung meint, das alleinige Entscheidungsrecht zu haben, und die andere sich nur als Opposition versteht, deren oft auch klugen Vorschläge unberücksichtigt bleiben, nur weil sie von der Opposition kommen.
In Notsituationen ist es nötig, einen gemeinsamen Nenner zu finden, um parteiübergreifend auch die Mehrheit der Bevölkerung mitzunehmen. Wenn sich alle demokratischen Parteien mit den Kirchen zusammentun, sollte es möglich sein, Schlimmeres zu verhindern. Dabei geht es auch um Aufklärung, wie sich finanzstarke Mitmenschen in die Möglichkeit einbinden können, die soziale Ungerechtigkeit zu verhindern.
Kirche sollte auch Einfluss nehmen, um bisherige Beschlüsse des Bundestages auf den Prüfstand zu stellen. Dabei geht es beispielsweise darum, dass die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nicht auf einmal bereitgestellt, sondern möglicherweise in mehreren "Scheiben" auf die nächsten Jahre verteilt werden, um auch kurzfristig Geld zum sozialen Ausgleich zur Verfügung zu haben.
Die unterschiedlichen Ebenen bei Kirche und Staat sollten Gespräche darüber führen, wie eine Eskalation im Herbst verhindert werden kann. Ich hoffe auf sachkundige und zielführende Gespräche.

Der Autor ist Pfarrer im Ruhestand und lebt in Magdeburg.

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