Radikaler Pazifismus
Wolfgang-Borchert-Abend

Wolfgang Borchert. | Foto: Rosemarie Clausen
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Mit einem Wolfgang-Borchert-Abend mit dem Motto „Du bist tot, Gott. Sei mit uns lebendig“
wird am kommenden Dienstag (29. Juni) in Weimar der 100. Geburtstag des Schriftstellers und der 80. Jahrestag seiner Kasernierung in der Weimarer Wehrmachtskaserne gewürdigt. Beginn ist 19.30 Uhr in der Jakobskirche in Weimar. Prof. Hans-Jürgen Benedict (Hamburg) spricht über „Borcherts Auseinandersetzung mit der Gottesfrage.“ Der Sänger und Gitarrist Christoph Bernewitz (Berlin) steuert eigene Songs zu Borchert-Texten bei. Die Moderation übernimmt Dr. Sebastian Kranich, Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen. Der Eintritt ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Der Abend ist Teil einer Gedenkreihe, die auf Initiative des Pfarrers i. R. Martin Rambow zustande kam. Der Weimarer fühlt sich mit dem Schriftsteller seit seiner Totalverweigerung des Militärdienstes im Jahr 1965 eng verbunden. „Sein Nein zum Krieg – ein Nein ohne jedes Ja – ist für mich ein Lebens-Thema geworden“, betont Rambow. Er hält Borcherts Botschaft des radikalen Pazifismus heute für aktueller denn je – in einer Zeit, in der die Kirche nicht mehr uneingeschränkt Nein zum Krieg sage, in der die Bundesregierung Verhandlungen über ein Ende der atomaren Bewaffnung ablehne und die Bundeswehr auf Schlachtfeldern in der ganzen Welt zu finden sei, in der die reichen Länder im Norden die zahlreichen Konflikte mit verschuldeten und in der dank der Friedensforschung immer wirkungsvoller nichtmilitärische Konfliktlösungen eingesetzt werden könnten. „Es ist ein verhängnisvoller Irrglaube, dass wir den Unfrieden, den wir mit verursacht haben, durch kriegerische Mittel beseitigen könnten“, so Rambow.

Er ist sehr dankbar, dass die Veranstaltungsreihe möglich wurde und zudem seine Anregung Erfolg hatte, eine Straße in Weimar nach dem Schriftsteller zu benennen – seit kurzem gibt es einen Wolfgang-Borchert-Bogen in einem Neubaugebiet. Rambow begründet seine Initiative mit dem Aufenthalt des damals 20-jährigen Borchert von Juli bis September 1941 in der Wehrmachtskaserne in Weimar. „In dieser Zeit wurde er tief geprägt und hat sich zum überzeugten Pazifisten und Antimilitaristen entwickelt“, betont der Pfarrer. Er fand viele Unterstützer für sein Engagement, unter anderem Bernd Lange, Schauspieler am Deutschen Nationaltheater Weimar.

In der Veranstaltungsreihe hat das Deutsche Nationaltheater die Inszenierung „Draußen vor der Tür“ online aufgeführt, das kommunale Kino mon ami zeigte Filme, und Lutz Seiler, Schirmherr der Veranstaltungsreihe, war mit einer Lesung zu Gast. Eine Ausstellung „Wolfgang Borchert – Leben, Werk, Wirkung“ folgt im Herbst in der Bibliothek der Bauhaus-Universität.

Der Wolfgang-Borchert-Abend ist eine gemeinsame Veranstaltung der Evangelischen Akademie Thüringen und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Weimar. In einem Selbstinterview habe Borchert sich einmal als „religiöser Dichter“ bezeichnet, steht in der Ankündigung. „Wie ist das möglich, obwohl der Repräsentant der Trümmerliteratur doch häufig kritisch von Gott redet? Der 100. Geburtstag bietet den Anlass, um diesen Fragen nachzugehen“, heißt es.

Weitere Informationen im Internet:

http://www.ev-akademie-thueringen.de/veranstaltungen/3375/

Hintergrund:
Wolfgang Borchert (* 20. Mai 1921 in Hamburg; † 20. November 1947 in Basel) war ein deutscher Schriftsteller. Sein Werk von Kurzgeschichten, Gedichten und einem Theaterstück machte ihn nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der bekanntesten Autoren der Trümmerliteratur, insbesondere mit seinem Heimkehrer

Autor:

susanne sobko

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