Wir führen ein Leben mit, durch und für Christus

Die Autorin wurde 2005 
als Diakonisse eingesegnet. 
Heute leitet sie das Eisenacher Mutterhaus. | Foto: privat

Gedanken einer Diakonisse zum Leben in einer geistlichen Gemeinschaft gestern und heute

Von Annegret Bachmann

Kann ich denn als evangelischer Christ nach der Lehre der Reformation noch Diakonisse sein oder Ordensfrau oder Ordensbruder werden? Hat nicht Martin Luther dies alles abgeschafft – die Klöster aufgelöst und ein evangelisches Pfarrhaus neu gegründet. Wozu sollte ich dann heute noch ein Leben allein für Christus leben? Christus hat uns zur Freiheit befreit. Er möchte uns weder binden noch mit zusätzlichen Regeln belasten.
Martin Luther hat eine Schrift den Mönchen und Nonnen seiner Zeit gewidmet »De votis monasticis« – Die Mönchsgelübde. Darin hinterfragt er das Leben im Kloster. Viele Männer und Frauen sind damals von ihren Familien in die Klöster geschickt worden. Nicht immer waren sie selbst mit ganzem Herzen dabei. Gleichzeitig wurde der Ordensstand als »Stand der Vollkommenheit« und der Ehestand als ein »sündhafter Stand« gesehen. Beides kritisierte Luther sehr stark. Weder ist das Leben der Ordensleute frei von Schuld und Gottlosigkeit, noch ist die Ehe etwas ganz Weltliches. Für Martin Luther hat beides seine Berechtigung, und jeder soll dort seine Gaben einsetzen, wohin Gott ihn oder sie beruft – in das Kloster oder in die Ehe oder eben allein. Für die damalige Gesellschaft war dies eine weitreichende Erkenntnis. Denn somit wurden alle Menschen in ihrer Beziehung zu Gott auf eine Ebene gestellt.
Das Einzige, was für die Beziehung zu Gott zählte, war die Taufe. In der Taufe hat uns Gott angenommen. Wir selbst können nichts dazu tun. Gott selbst hat alles getan durch Jesus Christus. Jeder Christ lebt sein Leben mit und durch Gott, nicht nur Menschen, welche in einer kommunitären Gemeinschaft leben.
Wie ist dies heute? Einige katholische Klöster bestehen bis heute auch nach der Reformation und Säkularisierung. Evangelische Damenstifte haben besonders im 19. Jahrhundert eine Tradition des Evangelischen Klosters geprägt. Darauf folgte in der sozial­diakonischen Bewegung die Gründung von Diakonissen- und Diakonenhäusern.
Im letzten Jahrhundert kamen Kommunitäten und neue evangelische Klöster dazu. Haben wir uns wieder zurückbewegt? Gibt es doch eine geistlich höhere Stufe, die Menschen ins Kloster, in die Gemeinschaft führt? Von außen wird dies oft so erwartet. In einem Mutterhaus oder in einer Kommunität sind die Brüder und Schwestern immer mit Gott in Verbindung, sie streiten nie und geben ihre ganze Kraft für Gott.
Dieses Klischee ist weit verbreitet. Und viele Menschen sind dann ganz enttäuscht, wenn sie einen Bruder oder eine Schwester kennenlernen und merken, dass wir eben doch zu den unvollkommenen Christen gehören.
Auch wir leben von dem Wort »solus Christus«. Nichts können wir unserem Christsein zusetzen, was uns Gott nicht schon geschenkt hätte. Und was ist dann das Besondere am Leben in einer geistlichen Gemeinschaft? Die geistliche Gemeinschaft trägt uns und stärkt unseren persönlichen Glauben. In die Gemeinschaft können wir unsere Gaben einbringen und uns gegenseitig unterstützen. Zusammen sind wir für andere Menschen da.
Wir führen ein Leben mit Christus, durch Christus und für Christus. Dies tun wir allein durch unsere Taufe – wie jeder Christ an seinem Platz.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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