Manche haben keinen blassen Schimmer
KEINE HERAUSGEHOBENE OPFERGRUPPE

Eine deutsche Politikerin, ihr Name sei einmal dahin gestellt, erklärt, dass Christen in der DDR "keine heraus-
gehobene Opfergruppe" gewesen seien. Wenn das so ist, dann hat sie die 40 Jahre DDR-Diktatur geschlossen verpennt, oder sie ist zu jung, um dazu etwas sagen zu können! Ich zähle einmal auf, was da allein in meiner Familie alles zusammen kommt.
-Bruder Friedemann, EOS Heinrich-Mann in Erfurt, wurde 1953 relegiert, weil er sich nicht von der Jungen Gemeinde distanzieren wollte, die seit dem 28.04.53 als imperialistisch geleitete Jugendorganisation be-schimpft wurde. Er ging nach Potsdam-Hermannswerder, einer kirchlichen Schule, deren Abitur in der BRD anerkannt war, studierte Theologie und Philosophie und wurde Pfarrer in der Kirchenprovinz Sachsen bis zum
Ende seiner Dienstzeit.
-Ich selbst wurde 1961, nach dem Bau der Mauer an der Orchesterschule der Hochschule für Musik Leipzig ex-matrikuliert, weil ich nicht bereit war, zu unterschreiben, im Notfall "mit der Waffe in der Hand" gegen den "Klassenfeind" zu kämpfen. Auch ich studierte nach einer Pause ("Bewährung in der Produktion") Theologie an kirchlichen Einrichtungen (KOS Naumburg/S, Sprachenkonvikt Berlin) und wurde Pfarrer in Thüringen. Der politische Hintergrund der Exmatrikulation ist nach Aktenlage deutlich zu erkennen. Ich bekomme eine Opfer-Rente nach BerRehaG (Berufliches Rehabilitierungsgesetz), von der ich allerdings nichts habe...
-Susanne, unsere älteste Tochter, ohne Jugendweihe; ihre Bewerbung um einen Platz an der EOS Wernigerode wurde von ihrer Schule (Bad Berka) nicht weitergereicht, so dass der Bewerbungstermin  verstreicht. Meine Staatsratseingabe hat Erfolg. Sie darf sich eine EOS aussuchen und wählt die EOS in Eisenach, die Latein und Griechisch im Angebot hat. Sie bekommt einen Studienplatz für Medizin in Leipzig, wird dort aber politisch dermaßen gedrückt, dass sie aufgibt. Sie besteht die Eignungsprüfung um einen Studienplatz in Bernburg an der Fachschule für Heimerziehung  zur größten Zufriedenheit der Prüfer. Dann aber wird sie doch abgelehnt,
nachdem sie in einem Vier-Augen-Gespräch nicht bereit war, aus der Kirche auszutreten. Dann hätte sie den Platz bekommen. Meine Eingabe über die Ev.-Luth. Kirche in Thüringen hat insofern Erfolg, als sie einen
Studienplatz an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  bekommt: Lehramt Latein, Griechisch, Deutsch. Sie ist heute Gymnasial-Lehrerin in Halle/S.
-Lorenz, unser Sohn, ohne Jugendweihe, bekommt keine Zulassung zur EOS, weil er zum Abschluss der 10. Klasse eine Drei in Russisch hat: "Herr Pfarrer, da haben wir bessere Arbeiter- und Bauernkinder!" Nach der Wende lese ich in meiner Stasi-Akte die Anweisung der Abteilung Inneres (Rat des Kreises Artern) an den
Schulleiter der POS Oldisleben, dass der Schüler Lorenz Steiger in einem der Hauptfächer eine Drei bekommen solle, damit man seine Bewerbung zur EOS ablehnen könne (Auch hier ist die Aktenlage eindeutig!).  Lorenz ist
heute Dachdecker-Meister mit einem kleinen Betrieb in Minden/Westfalen.

Christen - keine herausgehobene Opfergruppe? Hat die Frau darüber nachgedacht? Doch eher nicht!  Auf allen
Ebenen (Schulen, Betrieben, Verwaltungen, Armee, Polizei, Universitäten, Fachschulen etc.) wurden Christen
benachteiligt, in ihrem Fortkommen behindert und zum Kirchenaustritt gedrängt. Nicht umsonst sind die Mit-gliederzahlen der Kirchen im Osten derart gesunken. Mit "Zuckerbrot und Peitsche"  kann ein Staat viel für seine Ideologie erreichen. Wenn die bewusste Frau Charakter hätte, würde sie sich öffentlich entschuldigen...!

Autor:

Martin Steiger

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