Beten für die ausharrenden Christen in Zentralasien

Die russisch-orthodoxe St. Nikolas Kirche in Tadschikistans Hauptstadt Duschanbe. | Foto: Aryan Sogd

Von Adrienne Uebbing

Seit 2010 gedenkt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am zweiten Sonntag der Passionszeit, Reminiszere, der verfolgten und bedrängten Christen; am 12. März 2017 gilt die Fürbitte den Christen in den Ländern Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.
»Für viele Menschen hierzulande sind die Namen der zentralasiatischen Länder bloße Wörter, die geografisch, kulturell und politisch höchstens eine diffuse Vorstellung hervorrufen«, schreibt der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm in einer anlässlich des Gedenktages herausgegebenen Handreichung. Dabei verbinde Deutschland einiges mit ihnen, denn vor Jahrhunderten wanderten Deutsche auf Einladung von Katharina der Großen in Richtung Wolga aus, von wo aus sie während des Zweiten Weltkriegs weiter nach Osten in zentralasiatische Gebiete verschleppt wurden.
In den 1990er-Jahren verließen russlanddeutsche Lutheraner in großer Zahl als »Aussiedler« diese Staaten; so auch Tadschikistan, zwischen China und Afghanistan gelegen. Einst das Armenhaus der Sowjetunion, drehte sich die Armutsspirale dort seit der Unabhängigkeit immer weiter.
Zur aktuellen Lage in Tadschikistan schreibt Pfarrer Achim Reis, der sich in der Diasporaarbeit des Gustav-Adolf-Werks engagiert, es sei angesichts der menschenrechtlichen und wirtschaftlichen Situation nicht verwunderlich, dass der Widerstand gegen das Regime wächst: »Ein Kenner der Region brachte das auf die Formel: ›Entweder wird das Land demokratisch oder islamistisch.‹ Eine nennenswerte demokratische Opposition ist derweil nicht zu erkennen, neue Moscheen, finanziert etwa vom Emirat Katar, sprießen dagegen zahlreich aus dem Boden; der Einfluss der Imame auf die Bevölkerung des einstmals sozialistischen Landes nimmt spürbar zu«, so Reis.
Angst und Schrecken verbreiteten sich im Land angesichts der Bedrohung durch den sogenannten »Islamischen Staat«, der seine Fahne bereits in der unweit gelegenen 100 000-Einwohner-Stadt Kulob hisste. Reis: »Rette sich, wer kann! Am ehesten noch können das die Angehörigen der europäischstämmigen Minderheiten: Russen, Ukrainer und Deutsche. Lebten einst 40 000 Russlanddeutsche in Tadschikistan, verfügt die Deutsche Botschaft aktuell über keine entsprechenden Kontakte mehr. Entsprechend geschrumpft sind auch deren Kirchengemeinden: Katholiken, Baptisten, Adventisten, Neuapostolische sind deutlich weniger geworden; von den Lutheranern ist kaum noch einer da.«
Entweder seien deren Mitglieder ausgesiedelt oder verstorben: »So wie Heinrich Gense, der Senior der Gemeinde, dessen hessischer Akzent die Besucher aus Deutschland seinerzeit beeindruckt hat. Als er jetzt gestorben ist, haben seine Nachbarn auf ein sofortiges muslimisches Begräbnis bestanden, der lutherischen Pfarrerin blieb keine Chance. Und für das Frühjahr 2017 plant Pfarrerin Irina Balko selbst den Umzug ins St. Petersburger Gebiet, ihr Sohn hat dort Arbeit gefunden.« Vorher bleibe ihr nicht viel mehr, als die Gemeinde ganz offiziell »abzuwickeln«. Dableiben werde einstweilen noch Familie König, deren dreijährigen Sohn Pfarrer Reis bei seinem letzten Besuch getauft hat: »Allen Widrigkeiten zum Trotz war das ein klares Bekenntnis der Familie zum christlichen Glauben«, so Reis.
www.ekd.de/reminiszere2017

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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