Wort zur Woche
Mach es wie Gott: Schau hinter die Fassade

Der Herr wird ans Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen.
1. Korinther 4, Vers 5 b

Menschen sind schwierig, anstrengend. Es menschelt oft. Und eigentlich könnte alles so einfach sein. Das dachte ich, als ich diesen Satz des Paulus las und mir dessen Kontext vor Augen führte. Paulus trifft in seinem Dienst auf Menschen, die diesen und ihn als Person beurteilen. Und das nicht positiv. Mir kommen sofort Situationen in den Sinn, wo heute schnell dasselbe geschieht: Urteilen. Verurteilen. Aburteilen.
Im Zwischenmenschlichen, weil mir der andere und seine Einstellung nicht passen. Als Selbstschutz, um den anderen herabzuwürdigen, damit ich selbst besser dastehe. Als Folge dessen, dass der andere mich verletzt oder vor den Kopf gestoßen hat. In Gesellschaft, Politik und manchmal auch in der innerkirchlichen Streitkultur läuft das oft leider nicht anders.
Dietrich Bonhoeffer schreibt in »Widerstand und Ergebung«: »Wir müssen lernen, die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen, als auf das, was sie erleiden, anzusehen.« Das, was Menschen tun und sagen, ist so oft nur die Oberfläche. Und ich erlebe Menschen – auch mich selbst – oft so, dass wir einfach reagieren. Auf etwas, was das Gegenüber sagt oder tut und mir nicht in den Kram passt. Und dann kommt, was kommen muss. Ich ziehe eine Mauer. Schlechte Gedanken kommen auf. Im schlimmsten Fall teile ich die dann auch noch mit anderen, ziehe sie auf meine Seite und wir brechen gemeinsam den Stab über den anderen.
Was, wenn wir nicht nur reagierten, sondern vorher nachdächten, absähen von uns tiefer blickten? Einen Moment innehielten und in den Blick nähmen, was unter der Oberfläche im Finstern, im Herzen des anderen verborgen ist? Warum tust und sagst du das? Wie bist du zu dem geworden, der jetzt so vor mir steht? Was hast du erlebt oder gerade zu tragen, dass du so reagierst? Ich meine, wir würden barmherziger miteinander werden. Und das würde uns Christen gut zu Gesicht stehen, denn unser Blick aufeinander wäre der des himmlischen Vaters: Verstehend. Verzeihend. Segnend.
Andreas Ohle, Pfarrer in Authausen, Kirchenkreis Torgau-Delitzsch

Autor:

Online-Redaktion

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