Koalition will Dialog mit Religionen

Politik und Kirche: Die Parteivorsitzenden der CDU, CSU und SPD haben den Koalitionsvertrag vorgestellt. Was versprechen die Koalitionäre den Kirchen und Religions­gemeinschaften?

Von Tilman Asmus Fischer

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, begrüßte zwar, dass die Vereinbarungen »in die richtige Richtung« gingen – bemängelte jedoch, dass sie »in vielen Punkten weit hinter unseren Erwartungen« zurückblieben. Dies gelte vor allem für die Migrations- und Familienpolitik.

Entwicklungshilfe

Die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit sollen angehoben werden. Patrick Schnabel, Beauftragter für kirchlichen Entwicklungsdienst in Berlin, sieht das kritisch: »Diese politischen Absichtserklärungen, mehr Geld für Entwicklungsarbeit ausgeben zu wollen, hören wir seit 47 Jahren.« Ihm fehlen konkrete Angaben, wann die Selbstverpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren, endlich umgesetzt werden soll.

Familienpolitik

Mit Blick auf die Familienpolitik bemängelt die Diakonie das Fehlen von »strukturellen Veränderungen« – in den Worten des Diakonie-Präsidenten wurde kein Feuer »richtig gelöscht, die Milliarden werden wieder nach dem Gießkannenprinzip verteilt«.

Zu den vielfältigen familienpolitischen Vorhaben des Vertragsentwurfs gehört eine Erhöhung des Kindergeldes um 25 Euro bis 2021 und höhere finanzielle Leistungen an einkommensschwache Familien zur Bekämpfung von Kinderarmut. Zudem werden bis 2021 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in Kinderbetreuungsangebote in Aussicht gestellt sowie bis 2025 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung.

Gesundheit und Pflege

Im Sektor Gesundheit und Pflege sind eine Angleichung der Krankenkassenbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie ad hoc 8 000 Stellen für Pflegefachkräfte geplant. Vor der Bundestagswahl wurde noch stark
über bezahlbaren Wohnraum diskutiert. Die Antwort des Koalitionsvertrags: Er verspricht zwei Milliarden Euro für den Bau von Sozialwohnungen sowie eine Verschärfung der Mietpreisbremse.

Bedeutung der Kirchen

Der Vertragsentwurf äußert sich auch zur Bedeutung der Kirchen. Diese leisteten neben anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften »einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft in Deutschland und Europa« und seien »wichtige Stützen im Bildungs- und Sozialwesen mit Kindertageseinrichtungen und Schulen, mit Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen«.

Interreligiöser Dialog

Ohne diese Absichten zu konkretisieren, kündigt der Vertrag an, Dialog und Kooperation mit den Kirchen zu intensivieren und den interreligiösen Dialog zu fördern. Dies gelte insbesondere auch mit Blick auf die Integration der Muslime in Deutschland. »Auf Basis der christlichen Prägung unseres Landes setzen wir uns für ein gleichberechtigtes gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt ein.« Die Koalitionsparteien »ermutigen zum interreligiösen Dialog«. »Wir werden Antisemitismus entschieden bekämpfen und ebenso anti-islamischen Stimmungen entgegentreten.«

»Segen« der EKD

Ob aus diesem Entwurf letztlich ein gültiger Vertrag wird, hängt insbesondere von der Entscheidung der SPD-Basis ab. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm gab hierzu zu bedenken: »Wer jetzt eine verantwortliche Entscheidung zu treffen hat, muss genau Rechenschaft darüber ablegen, was die realistischen Alternativen zur Bildung dieser Koalition sind und bei welcher der Alternativen die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass Schritte in die richtige Richtung getan werden.« Den »Segen« der EKD hat die Große Koalition also bereits.

Koalitionsvertrag: www.goo.gl/JFUFK2

Autor:

Online-Redaktion

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