Luther wird 540 Jahre alt
GEBURTSTAGSGABE (1)

die Gratulation des Pinguins

Morgen ist es wieder soweit! Martin Luther hat Geburtstag. Aber die Öffentlichkeit muss dieser Zeiten an Wichtigeres denken ... Deshalb sollen bis zum Ende des nebligen Novembermonats Tiere zu Wort kommen. Sie kennen ihn nämlich, jenen Mann, der seinen Weg unbeirrt ging. In der Tasche nur vier Reißzwecken, einen Eisenhammer und ein paar aufgeschriebene Gedanken. Am Tor von Wittenbergs Allerheiligenkirche angekommen, entrollte Martin die Zettel. Man hörte kurze Hammerschläge. Dann war schon alles vorbei - oder fing an. Luther hatte sich im Laufe seines Lebens viele Feinde gemacht, besaß aber auch einflussreiche Freunde. Als kirchlicher Titan lebte er in der sogenannten Wirklichkeit - zur anderen Hälfte aber in seiner eigenen Phantasie, die zu weiten Teilen aus Angst vor Höllenstrafe und Errettungsgewissheit bestand. Martin aß und trank gern, sang und musizierte, nahm schließlich sogar ein Weib zu sich, mit dem er Kinder zeugte, welchen er später mahnende Briefe schrieb. Das Wichtigste war aber die eine These aus seiner Feder. „Der wahre Schatz der Kirche ist das heilige Evangelium der Herrlichkeit und Gnade Gottes.”  Luther war so etwas wie eine gelungene Mischung aus Homer Simpson und Ehm Welks Pastor Breithaupt. Und die Tiere schätzten ihn. Aber lest selbst:

"Eh ich zurückkehre auf meine vom Wind blank gefegte Eisscholle am südlichen Pol unseres Erdballs, will ich doch noch dem Mann Martin Luther sehr freundlich gratulieren für seine bemerkenswerte Leistung, vermittels blauer Tintenworte die Wahrheit der Ewigkeit festgehalten zu haben. Ich für meinen Teil lebe ja die meiste Zeit auf dem Eis. Und ich kenne mich deshalb ein wenig aus mit den Wahrheiten.

Es gibt gar nicht mal so wenig Leute, die möchten die Wahrheit einfach einschmelzen. Das brächte ihnen den Vorteil, dass sich die Wahrheit leichter mit der Lüge verwässern ließe. Denn Eis ist Eis. Worte, Zahlen und Buchstaben sind als gefrorener Sinn die bevorzugten Werkzeuge des Philosophen. Ich lebe eigentlich sehr gern unten am Pol, weil sich dort nichts verwässern lässt. Alles ist aus klarem und durchsichtigem Eise gemacht.
Die Schneekönigin hat wohl deshalb neben meiner Scholle ihre bescheidene Privatuniversität gegründet. Mit immer nur einem einzigen Studenten. Der gegenwärtige Scholar heißt Kai. Er sitzt den lieben langen Tag in einer Schneegrotte und versucht, das Wort EWIGKEIT aus kleinen Eispartikeln zusammenzuschieben. Das „E“ und das „W“ hat er schon geschafft. Er ist nämlich ganz bei der Sache. Tolle Leistung das! Wir Pinguine schauen ihm gern zu.
Gerda, jenes Mädchen, das ihn suchen muss, hat ihren Kai noch nicht gefunden. Aber sie ist bereits unterwegs zu ihm und dicht dran. Bald wird sie ihn haben, - und dann wird nix aus der Ewigkeit im Eis, dann wird es heiß. Egal - ein anderer wird kommen und diese große Aufgabe lösen wollen. Immer wieder kommen welche. Es hört nicht auf. Es kommt darauf an, dass irgendeiner irgendwann einmal irgendwie das Wort Ewigkeit aus Eisstückchen zusammengebracht haben wird."

Pin Gu In, der Pinguin

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alle Tierbriefe hier

Autor:

Matthias Schollmeyer

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