Hund
Geburtstagsgabe (23)

Mit eingeklemmter Rute hatte der Hund  brav gewartet, bis die Reihe endlich an ihn kommen würde. Nun sagt er stolz seinen Text auf:

Ich bin Caleb, der Hund. Gerne mache ich es mir bequem. Dann liege ich genau auf der Schwelle zwischen Flur und Badezimmer, Küche und Office. Aber hütet Euch - ich bleibe wachsam. Sehr wachsam. Während ich mir diesen Brief jetzt ersinne, kontrolliere ich trotzdem den Verkehr zwischen allen Orten und ihren Räumen. Denn ich bin der Hüter. Und bin ein Verkünder großer Wichtigkeiten. Manchmal mache ich auf beleidigt. Auch bei Euch Menschen gibt es welche, die das tun. Von denen, die an Allem irgendetwas auszusetzen haben, hab ich mir das abgeschaut. Denn ich bin gelehrig. Sehr gelehrig. Schaue ich gekonnt depressiv drein, wenden sich die Menschen mit Gewissensbissen mir zu - nach einiger Zeit. Es klappt immer. Heute Nacht wird Vollmond sein. Da werde ich hinaus laufen und heulen. Hier - mein Text. Er ist schon fertig. Und uralt. Wollt Ihr ihn hören? Nein … Nun, ich sag ihn trotzdem her:

„Ich, Euer Freund, o Ihr Menschen. Seid nicht Ungläubige in Betreff meiner Person. Wolf, gestraft mit Aussatz in der Hölle, nennt mich Judas. Ich zeihe ihn Bestie. Scheint Mond, rufe ich: „O, warum kein Mensch - Ich!“ Keine Antwort von Mond? Scheint nur voll ins Gesicht. Da heule ich auf. Zu ihm. Höre, o Mond, höre Du Menschenvolk. Keiner ist Euch mehr zugetan als Hund, – Ich. Geheul um Gebell verkündet mich. Meine Stimme – Euch Wegleitung sei, o Menschen. Wehe Euch, wo Ihr Wolf Glauben schenket grundlos, Wolf dem Erbärmlichen. Auch wehe, wo Ihr straft - ohne Strafgrund - Hund, den treuen, mich. Seid doch nicht töricht in Ungerechtigkeit zu Euerm seit Anbeginn Freund, Caleb mit Namen, Hund.“

Soweit mein Mondlied aus dem eisernen Zwinger des Gehorsams. Kennt Ihr den Mann und Propheten Martin Luther? Er liebte Hunde. Wie der König Salomo tausend Weiber besaß und jede derselben tausendundeine Geschichte, so hatte Luther einen einzigen Hund. Er nannte ihn liebevoll „Tölpel” mit Namen. Und, - er gab ihm immer genug zu fressen. Das ist wichtig. Der Prophet Luther konnte auch gut bellen. Er boll zusammen mit seinem Lieblingshündchen "Tölpel" und gab ihm dabei aus reiner Gnade Leckerli um Leckerli. Wenn Ihr seht, wie ich mich vor Euch niederwerfe, gedenkt an den Propheten Luther, der Hunde mochte. Und gebt mir für meinen Verdienst, wie ich für euch diene. Luther lehrte mich das. Leckerli aus reiner Gnade.

Alle Hunde halten zu ihrem Propheten Luther. Wem er sagt: „Tot!“ den jagen wir. Wem er befielt: „Stirb!“ der findet sein Ende in unseren Fängen. Wem er: „Hilf!“ sagt, den erretten wir vor den Teufeln. Die Dominikaner - eine katholische Ordenskongregation - nennt sich nach mir. Canes - das sind die Hunde. Von lateinisch: Canis, der Hund - Canes, die Hunde. Demnach bedeutet Domini-Canes nichts weiter, aber auch nicht weniger als "Des HERREN Hunde." Da könnt Ihr sehen, wie weit wir es gebracht haben. Wir sind die Wachhunde Christi, des HERRN aller Herren. Nun noch etwas zum Beschluss. Ich hasse Halsband und Leine. Bin ich losgelassen - keine Gnade den flüchtigen Dieben. Ich diene dem Menschen, er ist mein Führer, sein ist die Rotte, huldige vor ihm, o Meute.

Caleb - Hund (Rüde)
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Autor:

Matthias Schollmeyer

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