Magdeburg
Schüler des Domgymnasiums putzten Stolpersteine

Schülerinnen des Ökumenischen Domgymnasiums Magdeburg reinigen Stolpersteine in der Hegelstraße. Lehrerin Catharina Liesendahl (r.) begleitet die Aktion. | Foto: Oliver Gierens
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Magdeburg (red) - Mit Schwamm, Zahnbürste, Handschuhen und Reinigungsmitteln ausgestattet, verlässt die Klasse 5c des Ökumenischen Domgymnasiums Magdeburg zusammen mit Lehrerin Catharina Kiesendahl das Schulgelände. Ihr Ziel: Fünf so genannte "Stolpersteine" vor dem Gebäude in der Hegelstraße 37, die an in der NS-Zeit deportierte und ermordete jüdische Mitbürger erinnern. Mehrere Schüler streifen sich die Handschuhe über, geben etwas Essigreiniger auf einen Schwamm und reiben die leicht verwitterten Stolpersteine wieder sauber. Danach folgen ein paar Feinarbeiten mit einer Zahnbürste, bis am Schluss mit Glasreiniger alles blitzblank poliert wird.

21 Schulen sind mit dabei

Insgesamt haben sich 21 Schulen aus Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt sowie dem Umland an der Aktion beteiligt, teilte die stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung, Cornelia Habisch, mit. Angesichts der Zunahme antisemitischer Vorfälle sei dieses Engagement wichtiger denn je, sagte Cornelia Habisch. „Die Schülerinnen und Schüler zeigen damit deutlich, dass sie Antisemitismus, Hass und Gewalt nicht unwidersprochen lassen wollen und sich ihrer Verantwortung aus der Geschichte heraus bewusst sind.“

Aktion ist Teil einer Gedenkwoche

Die Aktion ist Teil der Gedenkwoche "Eine Stadt für alle", die jedes Jahr rund um den 16. Januar, den Tag der verheerenden Zerstörung Magdeburgs im Jahr 1945, stattfindet. Dabei soll durch diverse Veranstaltungen ein Zeichen für Frieden, Weltoffenheit und Toleranz gesetzt werden - und verhindert werden, dass das Gedenken durch Rechtsradikale vereinnahmt wird.

Während die Mitschüler fleißig schrubben und polieren, lesen andere die Kurzbiografien der Menschen vor, deren Namen auf den jeweiligen Stolpersteinen verewigt sind. Anschließend legen sie eine weiße Rose auf jeden Stein und halten eine kurze Gedenkminute. "Wir wollen dabei auch an alle denken, die heute diskriminiert werden", sagt Lehrerin Catharina Kiesendahl zu den Schülern. "Wer möchte, kann auch ein stilles Gebet sprechen." Und tatsächlich halten die Kinder diese eine Minute wirklich inne.

Stolperstein für ehemaligen Lehrer

Schließlich geht es zurück zum Schulgebäude, wo es noch einen Stolperstein zu putzen gilt. Er erinnert an Daniel Decourdemanche alias Jacques Decour, einen ehemaligen Lehrer des Domgymnasiums. Er kehrte während des Krieges in seine Heimat Frankreich zurück, um sich der Résistance, dem Widerstand gegen die deutsche Besatzung, anzuschließen. Am 30. Mai 1942 wurde er nach seiner Verhaftung durch die Nazis in Paris hingerichtet.

Die vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegten Stolpersteine erinnern laut Landeszentrale seit 1992 an ermordete Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle sowie politisch Verfolgte im Nationalsozialismus. Die Messingplatten werden jeweils vor der letzten bekannten Adresse der NS-Opfer in den Fußweg eingelassen. Inzwischen gibt es europaweit mehr als 90.000 solcher Gedenksteine. In Magdeburg sind nach Angaben der Stadt bisher über 600 Stolpersteine verlegt worden.

Autor:

Oliver Gierens

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