Gedenken: Frühere Synodalpräsidentin Christina Schultheiß zum 100. Geburtstag
Mutter Courage von Thüringen

Hundert Jahre wäre sie am 27. Juni 2018 geworden, die »Mutter Courage von Thüringen«.
Von Christine Lässig

Die Straßenbaumeisterin und Synodalpräsidentin Christina Schultheiß (1918–2016) aus Pillingsdorf verkörpert ein Stück ostdeutscher Kirchengeschichte und wird im Gedächtnis bleiben als eine unerschrockene Frau, die mit Gottvertrauen und Menschenkenntnis das Ihre getan hat, um in schwierigen Zeiten christlichen Glauben leben zu können. Blumen an ihrem Grab in Tanna und eine Andacht mit der Schleizer Superintendentin Heidrun Killinger-Schlecht in der Pillingsdorfer Kirche erinnerten an sie.
Drumherumgerede und halbherziges Taktieren waren ihre Sache nicht. Nach dem frühen Tod ihres Mannes für die Erziehung ihrer beiden Kinder allein verantwortlich, beruflich im Straßenbauwesen in leitender Stellung und mit dem real existierenden Sozialismus bestens vertraut, engagierte sie sich fast ein Vierteljahrhundert lang als Synodale nicht nur in ihrer Thüringer Landeskirche, sondern auch in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR und ab seiner Gründung 1969 auch im Bund der Evangelischen Kirchen. Ihr praktischer Verstand und Realitätssinn »hat uns Pfarrer oft auf den Boden der Wirklichkeit zurückgeholt«, so Altbischof Werner Leich.
Als Vorstandsmitglied der Konferenz der Kirchenleitungen, des höchsten kirchlichen Gremiums in der DDR, beklagte Christina Schultheiß im Spitzen-
gespräch vom 6. März 1978 mit Erich Honecker die Benachteiligung von Chris-
ten, was den Staatsratsvorsitzenden zuspontanen Zusagen veranlasste. Zu gern

hätte sich der Staat die einflussreiche Frau gefügig gemacht, doch sie ließ sich weder
von unverhüllten Drohungen noch von verlockenden Angeboten einschüchtern.
»Hier stehe ich und kann nicht anders.«
Unbequem war sie zuweilen auch in der Kirche. »Mehr Selbstbewusstsein bitte!« hat sie den Frauen zugerufen und die schwere Geburt der Frauenordination in den 1960er Jahren kräftig unterstützt. Kirchliche Hierarchien haben sie wenig beeindruckt. Wer Hilfe suchte, war bei ihr an der richtigen Stelle. Sie ließ sich hineinziehen in die Probleme anderer. »Sie war ein Geschenk für unsere Kirche«, sagte Werner Leich, als sie verstorben war.

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Online-Redaktion

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