Nur individuelle Lösungen

Hochwasser an der Hochstraße in Halle im Juni 2013, hinten die Kirche St. Georgen. Damals wurden historische Hochwasserstände verzeichnet. Die Saale hatte am Pegel Trotha die Marke von acht Metern überschritten, der höchste Wert seit mehreren hundert Jahren. | Foto: epd-bild
  • Hochwasser an der Hochstraße in Halle im Juni 2013, hinten die Kirche St. Georgen. Damals wurden historische Hochwasserstände verzeichnet. Die Saale hatte am Pegel Trotha die Marke von acht Metern überschritten, der höchste Wert seit mehreren hundert Jahren.
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Kolloquium: Wie Wasserschäden an Kirchen vermieden werden können

Von Angela Stoye

Zwei Mal in kurzer Zeit wurden Kirchengebäude direkt oder indirekt von Hochwasser geschädigt. Für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) war es der Grund, 2015 ein Forschungsprojekt zu initiieren. Mit welchen Strategien lassen sich Gebäudeschäden vermeiden, lautete die Frage. Zudem wurden verschiedene Formen von Vertikalsperren aus den vergangenen 15 Jahren auf ihre Tauglichkeit hin untersucht.
Partner bei dem dreijährigen Forschungsprojekt waren das Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt (IDK) sowie das Institut für Geowissenschaften und Geographie im Fachgebiet Hydro- und Umweltgeologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Das Fazit der Fachleute: Die eine Lösung für alle von Hochwasser und steigendem Grundwasser betroffenen Kirchen gibt es nicht. Lösungen müssen immer individuell gefunden werden.
In der Regel, so die Architektin Susanne Bähre vom Baureferat der EKM, seien Kirchen im Mittelalter an hochwassersicheren Standorten erbaut worden. Doch es gebe auch Ausnahmen sowie Schäden durch den späteren Anstieg des Grundwassers. Sie stellte beim Abschlusskolloquium in Halle die Kirchen vor, die für das Forschungsprojekt ausgewählt worden waren.
Da ist die um 1280 erbaute Backsteinkirche im altmärkischen Räbel an der Elbe. In ihr stand nicht nur das Hochwasser. Weil die Apsis zum Teil vom Jahrhunderte später errichteten Elbdeich umschlossen ist, kam es zu Schimmelbefall und Holzfäulnis.
Die romanische Kirche in Sydow im Elbe-Havel-Winkel liegt zwar weit weg von Flüssen, aber steigendes Grundwasser schädigt sie. Die 1207 erbaute Kirche in Gottesgnaden bei Calbe wurde vom Saale-Hochwasser überflutet, die 1717 erbaute Kirche in Gruna in Nordsachsen vom Elbe-Hochwasser.
Die Kirche in Ostrau bei Halle, die in der Elsteraue liegt, erlitt Schäden durch schwankendes Grundwasser. Und die romanische Neumarktkirche in Merseburg hat ein Problem, weil sich ihr Fußbodenniveau fast in Höhe des Saale-Pegels befindet.
Professor Wolfgang Gossel (MLU)stellte die Methoden vor, mit denen Kirchen vor Wasserschäden bewahrt werden können. In Ostrau etwa wären Pumpen eine Lösung, um Schäden durch Grundwasseranstieg bei Hochwasser zu vermeiden. In Gruna könnte der Einbau einer kapillarbrechenden Schicht helfen (eine Schicht aus grobem Kies unter der Gründungssohle der Kirche, um den Aufstieg von Grundwasser ins Mauerwerk zu verhindern).
Die Kirche in Sydow bekam Probleme mit dem Wasser nach dem Elbe-Deichbruch 2013 bei Fischbeck. Diese hingen mit der unzureichenden Pflege des alten Grabensystems zusammen, so der Fachmann. Um die Kirche und die Häuser des Dorfes trocken zu halten, müssten die Gräben instand gehalten werden.
Gossel betonte, dass alle Maßnahmen wie Brunnen, kapillarbrechende Schichten, Vertikalsperren im Mauerwerk oder die Pflege von Gräben immer auf das Gebäude zugeschnitten sein müssten. Bei Hochwasser müssten Notstromaggregat und Pumpen schnell einzubauen sein. Auch deren regelmäßige Wartung sei erforderlich.
Matthias Zötzl (IDK) zeigte am Beispiel von Putzmusterflächen in der Merseburger Neumarktkirche deren unterschiedliche Wirksamkeit auf. Auch zu Mörtelsorten oder zum Einbau von Vertikalsperren könne er keine generelle Empfehlung geben. Vor Baubeginn müsse immer genau erforscht werden, woher das Wasser im Gemäuer komme. Und die Frage, ob Mauerwerk total abgedichtet werden müsse oder ob es »atmen« dürfe, sei unter Baufachleuten umstritten.
In der Diskussion kamen die »Handreichung für den Katastrophenfall – insbesondere Hochwasser« und der »Objektbezogene Maßnahmeplan bei Hochwasser« der EKM zur Sprache. Erfahrungen aus dem Jahr 2013 hätten gezeigt, dass im Ernstfall jeder mit sich selber beschäftigt sei, hieß es da. Umso wichtiger sei es, vorab genau zu planen und die Verantwortlichkeiten festzulegen, betonte Susanne Bähre.

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