Mit Kind im Huckepackbüro arbeiten

Ein Gemeinschaftsbüro bietet die Chance, sich auszutauschen. Die Kinder sind dabei, sie werden im Hintergrund betreut. | Foto: Jan Wagener
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Eltern-Kind-Büros: Wer sein Baby mit ins Büro bringt, wird normalerweise schräg angeguckt. In den Rockzipfel- und Huckepack-Büros ist es dagegen Aufnahmebedingung.

Von Stephanie Höppner und Katja Schmidtke

Bei Janine Funke ist gerade Multitasking angesagt: Mit Baby Emilia im Tragetuch wippt sie sachte auf dem Sitzball auf und ab und tippt möglichst geräuschlos auf der Tastatur ihres Laptops. »Ich versuche, mit meiner Arbeit voranzukommen«, erzählt sie. Eigentlich promoviert die 26-jährige Historikerin in Potsdam, doch ihr Mann lebt in Bonn. Deshalb hat auch sie ihren Arbeitsort an den Rhein verlegt, in das Co-Working-Büro »Rockzipfel« im Bonner Süden.
Co-Working heißt: Für einen Tages- oder Monatspreis kann ein Arbeitsplatz in einem Gemeinschaftsbüro angemietet werden. Viele Freiberufler nutzen diese Möglichkeit, um herauszukommen und Kontakte zu knüpfen. Der »Rockzipfel« in Bonn bietet für 70 Euro monatlich ebenfalls einen Arbeitsplatz an – und zusätzlich die Möglichkeit, das Baby dabei mitzunehmen. Betreut werden die Kinder – wenn sie nicht gerade im Tragetuch schlafen – abwechselnd von Eltern im Büro.
Für Janine Funke hat das einen angenehmen Nebeneffekt: »Ich finde es schön, einen Raum zu haben, wo ich Leute treffe, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind – also auch keine klassische Elternzeit haben, sondern stattdessen weitermachen.« Auch wenn ihre Tochter mit knapp fünf Monaten noch klein ist, geht Funke schon wieder regelmäßig ihren Recherchen nach. Für sie war schon während der Schwangerschaft klar, dass sie bald nach der Geburt ihrer Tochter weiterschreiben möchte – ohne sich stundenlang von ihrem Kind trennen zu müssen. Lange Auszeiten kann sie sich im Wissenschaftsbetrieb nicht leisten. »Man hat nicht wirklich Elternzeit, wenn man promoviert. Ich bin nicht angestellt, ich hab ein Stipendium«, erklärt sie.
Ins Leben gerufen wurde das Eltern-Kind-Büro »Rockzipfel« von zwei Doktorandinnen, die sich im Stillcafé kennengelernt haben. »Wir haben festgestellt, dass wir beide in einer ähnlichen Situation sind und uns zusammentun wollen«, erzählt Gründerin Svenja Mordhorst. Bei der Suche nach Vorbildern stießen sie auf das »Rockzipfel«-Büro in Leipzig, das seit 2010 ein Eltern-Kind-Büro anbietet und Namen und Logo auch an andere Büros vergibt.
Auch in Dresden, Hamburg oder München gibt es mittlerweile sogenannte Rockzipfel-Büros. In Halle haben sich vor einem Jahr junge Mütter zusammengetan und das Huckepack-Büro gegründet. »Wir kannten die Idee aus Leipzig«, sagt Marianne Günthel, die regelmäßig Kind und Arbeit huckepack nimmt. In Halle nutzen inzwischen sechs Familien das Angebot, einen Arbeitsplatz samt Babybetreuung zu mieten. 13 Euro kostet das am Tag. Anders als zum Beispiel in Bonn, kümmern sich in Halle die Eltern aber nicht abwechselnd um die Kinder, sondern Ehrenamtliche betreuen die 3 bis 19 Monate alten Mädchen und Jungen. Darunter sind Gründer der Hallenser Huckepack-Initiative ebenso wie Studenten oder Rentnerinnen. Die Atmosphäre ist dennoch familiär, die Betreuerinnen sind regelmäßig hier, und auch den Eltern ist empfohlen, das Büro mindestens drei Monate zu nutzen. Kinder brauchen Zeit, um sich an Neues zu gewöhnen.
Als Büro dient übrigens ein Versammlungsraum der Evangeliumsgemeinde am Rande der Hallenser Innenstadt. Viele der Organisatorinnen sind Mitglied in dieser Freikirche, Voraussetzung zur Huckepack-Nutzung ist es natürlich nicht. Die Gründerinnen sind glücklich über die Offenheit in der Gemeinde der Idee gegenüber. »In anderen Städten scheitern die Ideen wie unsere oft an bezahlbaren Mieträumen. Wir sind richtig froh, dass das hier so gut klappt«, sagt Marianne Günthel. Denn im Gemeindehaus haben Mama und Papa Raum zum Arbeiten und die Kinder zum Spielen und Schlafen. Außerdem gibt es ein großes Grundstück, um das Gehirn zu lüften – oder das Baby. (epd/G+H)

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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