Oldisleben 1990

Jesus Christus spricht. "Ich bin das Licht der Welt..."

Das Jahr 1990 war bestimmt vom Fall der Mauer am 09.11.1989 und den politischen Veränderungen, die sich daraus ergaben. So hat es 1990 auf dem Gebiet der DDR vier Wahlen gegeben. Zunächst am 18.03. und am 06.05. (Da bestand die DDR noch.) Und nach der Währungs-Union vom 01. Juli, dem Einigungsvertrag und dem Beitritt der DDR zur BRD vom 03.10., die Landtagswahlen (in Thüringen am 14.10.) und die 1. gesamt-deutsche Wahl vom 02.12.1990.
In dem Zusammenhang kam es auch in Oldisleben zu verschiedenen politischen Foren in unserer Kirche (20.01. und 14.03.), bei denen sich alte und neue Parteien vorstellten; und es gab auch mehrere "Runde Tische", die ich als Moderator geleitet habe. Nach der Öffnung der Mauer und zumal nach der Währungsunion setzte an den Wochenenden eine allgemeine Bewegung in Richtung alte Länder und Westberlin ein (das Begrüßungs-Geld!), und auch unsere Familie konnte sich diesem Sog nicht entziehen. Anfangs immer wieder voll des Staunens und der Dankbarkeit darüber, dass die Grenze nicht mehr galt, und wir einfach so "in den Westen" fahren durften. Gott sei's getrommelt und gepfiffen! Bald freilich wurden uns auch die Nachteile des neuen Systems deutlich: unsere Großbetriebe (Sömmerda, Erfurt, Artern usw.), die LPGs, die Zuckerfabriken und Molkereien, die Tausenden Arbeit, Brot und Sicherheit gegeben hatten, waren nicht konkurrenzfähig und wurden abgewickelt. Eine Entwicklung, an der wir noch heute zu knabbern haben. Für die Wiedervereinigung gab es schlicht keine Konzepte. Heute wissen wir, dass alles zu schnell gegangen ist. Aber da war kein Halten mehr. Auch die Kirchen haben nichts aufhalten  können. Als klar wurde, dass die Kirchensteuer eine echte Steuer, also eintreibbar wurde, traten die Leute scharenweise aus den Kirchen aus, zum Teil durch bewusste Falschmeldungen alter Seilschaften irritiert. In O. waren es am 06.08. auf einen Schlag 35 Austritte, und das waren bis Ende des Jahres und in den folgenden Jahren bei weitem nicht alle! Für die Gesamtkirche war das eine Riesen-Katastrophe, welche die nachfolgenden Strukturveränderungen losgetreten hat. 
Dennoch haben wir versucht, unsere Arbeit zu machen. Es gab Taufen (Ostern 1990 waren es in O. fünf), wir
hatten Konfirmationen im Jahrgang und zwei Gruppen Nach-Konfirmationen. Es gab Trauungen und viele Bestattungen (Hilda Seydenschwanz, Kurt Wurzler, Frieda Räuber, Karl Fügemann, Kurt Kette, Frieda Scheper, Erich Trost u.a.). Hier geben die Eintragungen in den Kirchenbüchern genauere Auskunft. Wir hatten in der Weihnachtszeit wieder die Anthroposophen aus Erfurt da mit ihrem Oberuferer Dreikönigsspiel. Es gab zwei
Sonder-Konvente in Gotha. Die Bibelwoche hat stattgefunden (19.-25.02.) über die 10 Gebote. Wir hatten zu
Ostern bzw. zu Pfingsten Gemeindewanderungen zum Mutzenbrunnen bzw. zu den Sachsenburgen. Die
Osternacht 1990 war in Esperstedt mit einigen Taufen. Wir haben am LPT in Altenburg teilgenommen (11.-13.
05.) und am Landes-Jugend-Sonntag (24.06.) in Eisenach mit 14 Personen.  Anfang des Jahres gab es (wieder) 
einige Sturmschäden bzw. Eisbruch in Pfarr- und Kirchgarten, bei den (wieder) Herr Mosig geholfen hat. Die JG
hat Andreas Schaller/Bendeleben übernommen. Der Ehepaar-Kreis tagte sporadisch. Die Gottesdienste in Seehausen  fanden regelmäßig statt. Die Kirche dort wäre ohne meine Bemühungen eingefallen. Es gab zwei ABM, auch wenn sich diese kein Bein ausgerissen haben. Dafür habe ich versäumt, in O. eine Diakonie-Sozial-Station aufzubauen und den Kindergarten wieder in die Hand der Kirchgemeinde zu bringen. Es gab aber auch niemanden, der einem dazu Mut gemacht hätte! Im August haben wir das Treppenhaus des Pfarrhauses
tapezieren lassen. Hoftor und Gemeinderaum-Eingang wurden frisch gemalert (Fa. Knoche/Oberheldrungen).

Persönliches: Wir erwerben unser erstes West-Auto, einen Ford-Capri, genannt "Viola" (Ich habe dafür eine Geige verkauft!), den ich zwei Jahre später für 4.600 DM gut in Zahlung geben kann beim Kauf  eines gebrauchten Audi 80, den ich bis Nov./2002 gern gefahren habe. Am 07.04.1990 feiern wir meinen 50. Geburtstag in der Garten-Gaststätte Tettenborn. Ende Mai nehmen wir an einer Familien-Rüste in der Schweiz unter Leitung unseres Freundes Pfr. Martin Schultheiß, Wolfsschlugen, teil. Am 17.07. hat unsere Vater eine Prostata-OP, wobei ihm die Vollnarkose nicht gut bekommt. An unserer Silber-Hochzeit am 01.08. kann er deshalb leider nicht teilnehmen, was wir sehr bedauern. Vorher, am 30.06., hatte Bruder Friedemann die Trauerfeier für unsere Tante Marlies Wulf-Woesten in Sondershausen gehalten. Am 11.08. wurde Justus, unser erstes Enkel-Kind . geboren, das ich am 08.12. in O. taufen darf (Kind von Susanne Steiger und Holger Zürch.).Bleibt noch zu erwähnen, dass Deutschland am 08.07. bei der Fußball-WM in Argentinien den Gastgeber im Endspiel mit 1 : 0 besiegt! 
Zum Schluss etwas zum Schmunzeln: Unsere Freundin Barbara Heimowski bei der 1. Lesung im GD vom 21.01.90. "Die Epistel für den heutigen Sonntag hören wir im Brief, - sie zögert, - im Brief der Pauler an die Römer im 1. Kapitel..."

Dank sei dir, o Herr. Hoch gelobt in Ewigkeit!