Aus Feinden müssen Gegner werden

Kontrovers: Werner Patzelt, Thomas Krüger, Anetta Kahane und Stefan Kuzmany (v. li.) diskutierten über den Umgang mit Rechtspopulisten. | Foto: Uli Lücke
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Vom Umgang mit Rechtspopulismus: Podiumsgespräch auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung

Von Renate Wähnelt

Den Feind im Gespräch besiegen, darauf komme es an. Dem Gespräch auszuweichen sei Feigheit vorm Feind. So zugespitzt formulierte der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt seine Position im Podiumsgespräch »Blockieren? Ignorieren? Debattieren? – Vom Umgang mit dem Rechtspopulismus«, zu dem die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt eingeladen hatte.
Fast 200 Zuhörer füllten den Saal und sahen Stefan Kuzmany, Leiter Meinung und Debatte bei Spiegel-Online, irritiert: »Es gibt unterschiedliche Auffassungen und Standpunkte, aber deswegen sollten wir doch nicht vom Feind sprechen, sondern auch in der Rhetorik abrüsten.« Patzelt erklärte: »Aus Feinden müssen Gegner werden, und Gegnerschaft muss zu Verschiedenheit und Vielfalt werden. Davon lebt Demokratie, das macht die Gesellschaft reicher.« Denn es gehe ja nicht darum, die Meinung des anderen zu übernehmen, sondern sie kennenzulernen. Werner Patzelt sammelte Erfahrung im Gespräch mit Pegida-Demonstranten und weiß, dass nicht in jeder Situation ein Gespräch möglich ist. Doch es sei wichtig zu wissen, warum jemand bestimmte Positionen einnimmt. Und es lohne nachzudenken, wo das Gegenüber zumindest zum Teil recht haben könnte.
Das Ignorieren rechtspopulistischer Positionen ist für niemanden auf dem Podium eine Option. Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, unterstrich, dass es in Deutschland einen großen Spielraum für Meinungsäußerungen gibt. »Man darf sagen, dass man gegen Demokratie ist. Aber niemand hat ein Recht darauf, dass das unwidersprochen bleibt.« Wo der Spielraum der Meinungsfreiheit für sie endet, sagte Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung: »Wenn es um die Abwertung von Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Sexualität geht, da kann ich nicht diskutieren.« Jedoch: Meinungsäußerungen in den digitalen Netzwerken zu löschen, sei keine Lösung – damit seien die Meinungen ja nicht weg. »Wir müssen wieder lernen, kritisch zu debattieren, mit Leidenschaft zu streiten, ohne den anderen zu verletzen.« Das Wissen, wie das gehe, sei verloren gegangen.
Reden, debattieren, gut vorbereitet den Gegner vor den Zuhörern entlarven oder gar besiegen, rote Linien nicht überschreiten lassen – im Allgemeinen war alles recht klar. Wie schwierig der Dialog sein kann, wurde an den Beiträgen von Vertretern der Landtagsfraktionen deutlich. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD, Oliver Kirchner, warf Diskutanten auf dem Podium vor, sich nur gegen Rechtsextre­mismus zu wenden, nicht auch gegen Links- und religiösen Extremismus. Sebastian Striegel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen entgegnete: »Ich bin nicht bereit, über jedes Stöckchen zu springen, das da hingehalten wird und bei jeder Debatte das Muster ›wir gegen die‹ aufgedrückt zu bekommen.« Ob man mit Menschen reden solle, die beleidigen und drohen, wollte eine Zuhörerin wissen. Niemand müsse mit Nazis reden, antwortete ihr Stefan Kuzmany. Doch es sei wichtig, die Aufmerksamkeit auf die Mehrheit zu richten, denn es sei noch die Mehrheit, die an der Demokratie interessiert ist. Wie genau der Umgang mit schwierigen Gesprächspartnern gehen kann, blieb offen.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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