Was ist los mit uns Alten?
ZIEMLICH ZUCHTLOS

Wir spielen seit Jahren Doppelkopf miteinander. Das hat sich seit Jahren durchgehalten über die Zeit unseres Dienstes und wechselnder Orte hinweg. Und nun, da wir alle Rentner bzw. Pensionäre sind. Spielen wir natürlich weiter. Wir, das sind fünf Pfarrerehepaare aus Thüringen, wobei eine der Pfarrfrauen nicht spielt, und es auch nicht lernen will, und einer der Pfarrer aus der Runde nicht mehr dabei ist, weil er uns auf dem Weg in die Ewigkeit vorausgegangen ist. 

Wir spielen nicht nur unser Spiel, sondern wir reden auch miteinander, und es wird auch gegessen und getrun-ken, wobei das Interesse an den Einheiten unterschiedlich groß ist. Die Orte wechseln, und wenn wir alle da sind, dann sind wir neun Personen, von denen immer vier spielen. Die anderen fünf sitzen dabei, und sie
reden, ist ja klar. Die Spieler hören mit halbem Ohr auf das, was geredet wird. Sie könnten ja was verpassen!
So wird alles nur halb und also ganz und gar unbefriedigend. Natürlich könnten wir in zwei Runden spielen, die
am Anfang ausgelost werden und nach der Hälfte der Zeit noch einmal wechseln. Diese Lösung favorisiere ich.
Doch das gelingt uns nur selten. Ich gehöre in der Runde zu den Jüngeren, und das Sagen haben die Großkopfeten, sprich die ganz Alten. Früher, als wir jung waren, wurde beim Doppelkopf auch geraucht. Aber
wenn sich zur gleichen Zeit vier Raucher eine Zigarre anzünden, dann geht ganz schön was ab. Da konnte es schon mal vorkommen, dass die Messingkäfer des Pfarrhauses Legefeld tot von der Decke fielen! Das haben wir aber dann gelassen. Allerdings ist die Runde immer lauter geworden. Das hängt wohl damit zusammen, dass die Schwerhörigkeit zugenommen hat. Dabei ist uns die nötige Zucht abhanden gekommen, wie es scheint.

Neulich, als unsere Gastgeber die Ringleber waren, schrie Tussju, kaum dass er saß, nach einem Bier. Dabei hatte er, wie mir später erzählt wurde, schon als er abgeholt wurde, eines getrunken. Ihm gegenüber schaufelte Arbarab sich bereits den Teller voll. als hätte sie wochenlang gefastet. Dabei hatten unsere Gastgeber noch
nicht einmal Platz genommen, um die Tafel zu eröffnen... Was ist los mit uns Alten???

Autor:

Martin Steiger

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