Gottes Heiligkeit

Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe!
Jesaja 6, Vers 5 a

Von Sebastian Kircheis

Jesaja wird in seiner Vision direkt mit Gott konfrontiert. Wer so vor Gott gerät, fragt nicht mehr, ob Gott existiert. Er fragt nur noch, wie er vor diesem Gott existieren kann.
Wenn heute jemand in die Gegenwart Gottes gerät, wird er das anders erleben und wiedergeben. Aber es ist dieselbe Wirklichkeit: Vor Gott geht uns unsere Verlorenheit auf. Heilig ist Gott nicht, weil er ein Sonderdasein führt, »überm Sternenzelt«. Er ist weltmächtig und geschichtsmächtig. Er wohnt in einem Licht, zu dem keiner kommen kann, wohl aber in einem Licht, das zu uns kommen kann. Wer vor ihn gerät, wird sich seiner Verlorenheit bewusst. Diese Verlorenheit besteht in der Verlogenheit: im Schweigen, wo geredet werden muss, im Vernebeln der Wahrheit, im undeutlichen Reden, das entsteht, wenn es von den Folgen abhängig gemacht wird, wenn aus Angst die Wahrheit verschwiegen wird. Wer in die Gegenwart Gottes gerät, dem wird klar, wo er versagt hat. Ist jemand unter uns, der nicht ausrufen müsste: Weh mir, ich vergehe, denn ich bin unreiner Lippen?
Wir wären wirklich verloren, wenn dieser Gott nicht der Gott der Gnade, der Vater Jesu Christi wäre. Wenn ein Mensch beginnt, sein Versagen zu bekennen, geschieht Rechtfertigung des Sünders. Jesaja hat dafür ein eigenartiges Bild: Einer der Seraphen berührt mit einer glühenden Kohle seinen Mund und spricht: Hiermit sind deine Lippen berührt, deine Schuld genommen, deine Sünde gesühnt. Das klingt wie eine Vorwegnahme grundlegender Glaubenserkenntnis: Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde. So hebt Gott unsere Verlorenheit auf. Jesaja ist nun bereit zum neuen Dienst: »Sende mich!« Wohin? Zu denen, die den anderen den Zugang zur Wahrheit erschweren. Er soll den Handlungsspielraum aufzeigen, den Gott uns zu verantwortlichem Tun, zum Praktizieren von Barmherzigkeit und Recht gegeben hat. Dabei wird ihm Unverständnis begegnen. Solche Boten sind auch wir, keine Erfolgsmanager des Christentums. Die Verheißung auf dem Auftrag heißt dennoch: Wie vom Baum beim Fällen ein Stumpf bleibt, so wird vom Volk Gottes ein Rest bleiben. Mit ihm wird es den Neuanfang, das neue Leben geben. Mit dieser Gewissheit können wir leben, lieben und loben: »Heilig, Heilig, heilig ist Gott, der Herr Zebaoth.«

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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