Das stärkste Symbol des Glaubens

In manchen Kirchen werden in der Passionszeit Altarkreuze und -bilder verhüllt. | Foto: epd-bild

Das Kreuz konterkariert das Bild vom planbaren und makellosen Idealmenschen

Von Helmut Frank

Das Kreuz ist das stärkste Symbol des christlichen Glaubens. Doch über alle Zeiten haben sich Christen mit diesem Todessymbol schwergetan. In der Urkirche hatte es als Erinnerung an den Tod des Gerechten eine herausragende Bedeutung, wurde aber unter dem starken Verfolgungsdruck nicht gezeigt. In der Kunst der Romanik thront ein nach oben blickender Christus als schmerzfreier Pantokrator aufrecht am Kreuz, die Gotik erst stellte dann realistisch das Leiden des Gottessohnes dar. Moderne Theologen haben den Kreuzestod beiseitegeschoben und den Reich-Gottes-Verkünder ins Zentrum gerückt, den Revolutionär, den ersten Feministen, den sanftmütigen Wanderprediger, neuerdings in evangelikalen US-Gemeinden den Jesus, der materiell reich macht. Als sei sein elender Kreuzestod ein dummer Zufall.
Die Passionsgeschichte lehrt: Jesus hat den Tod gefürchtet, aber er ging ihm nicht aus dem Weg. Er suchte die Konfrontation mit dem Tod, um ihn zu besiegen. Die Selbsterniedrigung Gottes bis zum Tod am Kreuz ist deshalb der Kern des Christentums. Gleichwohl hat jede Epoche diesen Tod neu interpretiert.
Gewiss war sein Leiden und Sterben nach dem Zeugnis des Neuen Testaments einzigartig, weil ein Gerechter gestorben ist, einer ohne Sünde (Hebräer 4,15). Das Besondere an Jesu Tod ist, dass Gott sich damit in die tiefste Niederung der menschlichen Existenz begeben hat. »O große Not, Gott selbst ist tot«, brachte Luther seine Kreuzestheologie auf den Punkt. Eine Torheit den Griechen, ein Ärgernis den Römern, eine Provokation für die Juden.
Die Verherrlichung des Kreuzestodes Jesu gehört dagegen zum Aberglauben der Kirche. Denn die Art seines Todes ist nicht außergewöhnlich. Es gab und gibt immer noch weit schlimmere Folter- und weit brutalere Hinrichtungsmethoden.
Das Heil liegt nicht in den äußeren Umständen des Todes Jesu, etwa in seinem grausamen Sterben am Kreuz oder in der Tatsache, dass bei seiner Hinrichtung Blut floss. Der Tod Jesu ist nicht der Grund der Erlösung, denn nicht die Kreuzigung war Gottes Eingriff in die Weltgeschichte (das haben die Menschen besorgt), sondern die Sendung Jesu und die Bestätigung seines Lebens und seiner Botschaft durch die Auferweckung. Gott hätte diesen Tod nicht gebraucht, er war aber die Konsequenz des Lebens und der Verkündigung Jesu. Gott hat mit seiner Auferweckung eingegriffen. Der Auferstandene ist Erstling unter vielen
(1. Korinther 15,20), Grund zur Hoffnung für alle Leidenden, Sterbenden und Trauernden.
Wenn also die mittelalterliche Sühnopfertheologie verabschiedet wird, kann die Passion Jesu in der Verkündigung auf andere Weise an Bedeutung gewinnen: Der leidende Gott am Kreuz ist der schärfstmögliche Widerspruch gegen alle Macht- und Vollkommenheitsfantasien des Menschen, gegen alle innerweltlichen Erlösungs- und Machbarkeitsideologien. Das Kreuz konterkariert das Bild vom planbaren und makellosen Idealmenschen.
Die österliche Botschaft des Christentums ist: Der Gekreuzigte hat den Tod überwunden, Christus ist auferstanden. Berichte, wie die Auferstehung vor sich ging, gibt es im Neuen Testament nicht. Selbst im apokryphen Petrusevangelium wird nur gesagt, dass zwei Engel auf das Grab hinabstiegen, dass aber drei Personen aus dem Grab hervorgingen: Die Engel – und Jesus in der Mitte.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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