Die Bibel für Ungläubige

Kuijer, Guus: Die Bibel für Ungläubige. Erster Band: Der Anfang. Genesis. Reclam-Verlag, 317 S., ISBN 978-3-15-020391-0, 9,95 Euro | Foto: Reclam-Verlag
  • Kuijer, Guus: Die Bibel für Ungläubige. Erster Band: Der Anfang. Genesis. Reclam-Verlag, 317 S., ISBN 978-3-15-020391-0, 9,95 Euro
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Von Jürgen Israel

Seit Jahren werden immer wieder Versuche unternommen, die biblischen Geschichten als große Texte der Weltliteratur nachzuerzählen. Einer der erfolgreichsten Versuche aus den letzten Jahren stammt von dem niederländischen Schriftsteller Guus Kuijer. Der erste Band mit Geschichten aus dem 1. Buch Mose auf Deutsch ist als Taschenbuch erschienen.
Alle Geschichten werden in der Ich-Form vorgetragen. Neben Adam, Sara, Isaak und Benjamin erzählen Noahs Sohn Ham und Schelach, der den Turmbau zu Babel begann. Durch dieses persönliche Erzählen erreicht der Autor Lebendigkeit der Darstellung und verleiht den Texten einen mündlichen Erzählton. Das gelingt ihm wunderbar. Die Geschichten lesen sich leicht, sind nie oberflächlich; lediglich die Erzählung von der Erschaffung der Welt gerät etwas umständlich. Bei seiner Vertrautheit mit der Bibel kann der Autor wie selbstverständlich Hinweise auf das Neue Testament einbauen. Mehrmals denkt er über das Zustandekommen und den Sinn von Erzählungen nach. »Die Menschen machen Erfahrungen, um daraus zu lernen. Deshalb erzählen wir uns Geschichten.«
Guus Kuijer, der bereits als Kind den Glauben verloren hat, erzählt »die Bibelgeschichten nicht wegen ihres frommen Inhalts, sondern wegen ihrer erstaunlichen erzählerischen Kraft«. Dabei interpretiert er selbstverständlich und lässt Gott und die Götter als eifersüchtige, neidische Wesen erscheinen. Neidisch seien sie, weil sie nur existieren und nicht leben, das heißt keine erfüllenden Beziehungen, kein gleichgewichtiges Gegenüber haben. So fragt sich Schelach, als das Turmbau-Projekt zu scheitern droht: »Was haben die Götter von unserer Untertänigkeit? Dass sie bis in alle Ewigkeit selbstgefällig mit ihren lebenden Puppen spielen können?« Und Benjamin meint: »So etwas sehen die Götter gern: dass wir uns erbärmlicher geben, als wir sind, damit sie sich groß fühlen können.«
Durch diese ablehnende, spöttische Sicht geraten die Erzählungen in eine Schieflage. Gott erscheint nie als der liebevolle, sorgende Vater, sondern als selbstsüchtiges, prahlerisches Wesen. So bleibt der Gesamteindruck zwiespältig: einerseits spannend, teilweise vergnüglich, stets gut lesbar und andererseits ein einseitiges, liebloses Gottesbild.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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