Friedrich Wilhelm I. (*14. August)
des "Soldatenkönigs" Geburtstag

- hochgeladen von Matthias Schollmeyer
Preußische Lektionen im Zeitalter der Wohlfühlpolitik
Ein Kommentar zum 337. Geburtstag Friedrich Wilhelms I.
Gleich am Anfang- man muss ihn nicht gut finden. Aber - da gibt es eben diese Geburtstage, die wie mahnende Glockenschläge aus der Tiefe der Geschichte nachhallen … Heute vor 337 Jahren kam er zur Welt, der Mann, der Preußen vom höfischen Prunk auf Kasernenmaß stutzte, der die Nation mit dem Zollstock des Disziplinars und der alten Bibel im Gepäck neu vermessen wollte: Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“.
In einer Zeit, in der die deutsche Politik sich vorzugsweise im Streit um Verteilungsfragen, Haushaltslöcher und moralische Schaufensterdekoration verausgabt, könnte ein kurzer Blick auf diesen nüchtern-gebieterischen Geist wohltuend sein – jedenfalls wird man in diesem Falle nicht in die Falle tappen, historische Größe mit dem Maßstab heutiger Zimperlichkeit zu messen. Der Soldatenkönig war kein Romantiker der Macht, sondern ein Verwaltungsasket. Kein Versailles in Berlin, sondern Spandau mit Handwaschbecken. Dieser König pflegte die Kunst, mehr mit weniger zu tun.
Sein Protestantismus war kein Warmduscher-Glaube - obwohl einiges von pietistischer Frömmigkeit abgeschaut war. Dieser Glaube war kaltes Wasser, direkt aus dem Brunnen der Schrift. Keine seelenselige Gefühlsduselei, sondern nüchterne Bußfertigkeit – das tägliche Beten im engen Kreis, das Sonntagspredigt-Hören als Pflichtexerzitium. Die Bibel war für den König nicht die spirituelle Tapete eines gemütlichen Herrscherlebens, sondern die Bauordnung für den Staat. Man könnte sagen: Luther auf dem Exerzierplatz.
Würden heutige Ministerien die „Soldatenkönigs-Formel“ übernehmen – Klarheit in den Zielen, Unverhandelbarkeit in der Durchführung, und eine Unlust an allem Zierrat – wir hätten weniger PDFs mit bunten „Leitbildern“ und mehr solide Brücken, Straßen und Schulen. Rationalität hieß für ihn: jede Mark einmal umdrehen, bevor sie in Pulver, Brot oder Garnisonen floss. Kein romantisches Defizitdenken, sondern protestantische Haushaltsgnade: Wer den Cent ehrt, kann den Euro einsetzen.
Die gegenwärtige Politik liebt es, sich in inszeniert-gefälligen Bürgerdialogen zu spiegeln; der Soldatenkönig dagegen sprach selten und dann befehlshalber. Er hatte keine PR-Strategie, dafür ein funktionierendes Staatswesen – auch das eine Form von Kommunikation, die weithin vergessen worden zu sein scheint. Vielleicht müsste man sich heute von ihm abschauen, dass Popularität nicht der Thermostat der Regierungsführung ist, sondern dass Regieren darin besteht, das Nötige zu tun, auch wenn es nicht gemocht wird.
Wer die Frömmigkeit dieses besonderen Friedrichs belächelt, übersieht, dass gerade eine tiefe Gottesbindung seine rationale Härte nährte. Er hatte keine metaphysische Angst vor dem Ernstfall. Vielleicht war dies das eigentliche Geheimnis: ein Herrscher, der wusste, dass sein Amt nicht aus ihm selbst kam, sondern aus einer höheren Ordnung, die ihn verpflichtete. Die Bibel in der Hand, den Etat im Kopf, den Drill auf dem Platz – das war die Trinität des Regierens dieses Königs.
Im Rückblick wirkt der Soldatenkönig wie ein protestantischer Cato: unerbittlich gegen Verschwendung, allergisch gegen Schaustaat, immun gegen das Gurren der Hofschranzen. Das könnten sich auch heutige Parteien notieren. Denn es ist kein Verrat am Evangelium, die Steuergelder so einzusetzen, dass sie Frucht bringen. Im Gegenteil: Es ist die weltliche Seite des Gleichnisses von den anvertrauten Talenten.
Und so könnte man ihn, den knorrigen König, den moralisch-strengen, sogar in dieser Kirchenzeitung würdigen: als einen, der die Zehn Gebote ebenso ernst nahm wie die schwarze Null im Staatshaushalt. Als einen, der den Staat als große Gemeinde begriff, in der jeder seinen Platz kennt – und keiner von der Kanzel herab die Wirklichkeit aufschäumt und unangenehm parfümiert. In der Nüchternheit, die keine Angst hat, auch unliebenswürdige Wahrheiten auszusprechen, liegt vielleicht die verlorene Tugend, die wir dringend neu lernen müssten - dazu sei an diesem 14. August vorsichtig erinnert.
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