der seltsame Besuch (II)
der Blitz

Johann Friedrich Overbeck

Nachdem er solches zu ihnen geredet hatte, erhob sich großer Unwillen wider ihn. Da setzte er sich, schaute in die Runde und stellte jenen Mann in ihre Mitte, der einen Fotoapparat mit sich führte. Es war aber dieser ein Reisender aus Amerika, das erst später sollte entdeckt werden.

Jesus gebot nun dem Manne, eine fotografische Aufnehme von den Schriftgelehrten zu machen. Die Schriftgelehrten selbst hatten sich alle vor einer Wand versammelt, die belegt war mit spiegelnden Kacheln, gebrannt in Arabien. Da nun der Amerikaner die Aufnahme machte, löste sich das Blitzlicht aus, denn es war ein modernes Gerät und bereits Abend geworden.
Da erschraken die Schriftgelehrten mit den Pharisäern und wollten sehen, was das wäre. Also hieß Jesus den Reisenden das Foto herzeigen, denn es war eine Sofortbildkamera.

Wie groß aber war das Entsetzen der Menge, als sie ihr Bildnis betrachteten. Da waren sie sämtlich zu sehen mit erschrockenen Mäulern, aufgerissen und voller Staunen. Und über ihnen schwebte ein geheimes Licht, das war das Spigelbild des Blitzes zum Zeitpunkt der photographischen Aufnahme. Denn alles war fein säuberlich aufgezeichnet worden, auch das Aufzeichnen selbst mit dem Licht des Blitzes als Blitz.
Er aber fuhr fort, lehrte sie und sprach: So wie der Blitz beim Fotografieren das ganze Foto beeinträchtigt, genauso verhält es sich – wenn i h r denkt. Es erzeugt sich beim Denken immer so etwas wie ein Blitz, um gedacht werden zu können. Ihr nun jedoch meinet, dieser Blitz sei genauso da, wie ihr selbst da seid, die Bäume und Blumen und die Wand. Ihr huldigt dem Blitz, ängstigt euch vor ihm und kniefälliget. Betrachtet aber die Wand dort – wo ist da der Blitz? Betrachtet das Denken. Wo ist der Gedanke? All dieses sind Trugdinge, erfunden von meinem gefallenen Bruder, – dessen Diener ihr seid.

Da trachteten sie ihn zu ergreifen, er aber durchschritt mühelos die Menge und lachte ihrer. Aber als er sie hinter sich gelassen hatte, weinte er leise. Denn er hatte begriffen, daß sie nie etwas begreifen würden.

Autor:

Matthias Schollmeyer

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