Auf Wiedersehen!

Bereitet doch fein tüchtig den Weg dem großen Gast; macht seine Steige richtig, lasst alles, was er hasst …« So haben sie es im Gottesdienst am 3. Advent 1968 im Dom zu Magdeburg gesungen.

Von Katja Albrecht

Noch eine weitere Strophe und dann verklingen die letzten Töne. Bischof Werner Krusche betritt die Kanzel. Die Geschichte von Johannes dem Täufer legt er aus: »An der Gestalt und der Predigt Johannes des Täufers, des prophetischen Zeugen an der Grenze zu der alten und der neuen Zeit, wird eines mit unerhörter Klarheit deutlich: Einer, den Gott beschlagnahmt hat zu seinem prophetischen Prediger, ruft den Leuten nicht etwas hinterher, sondern er ruft ihnen etwas von vorne zu. Wem dieses Wort gegeben ist, der steht nicht im Dienste des Vergangenen, sondern im Dienste des Kommenden, der läuft seiner Zeit nicht hinterher, sondern der ist ihr mit dem ihm aufgetragenen Worte vorweg und ruft ihr zu, welche Stunde es geschlagen hat.«
Wie mag dies in den Ohren der 15 jungen Menschen geklungen haben, die in diesem Gottesdienst im Jahr 1968 ordiniert werden sollten? Was für eine völlig andere Erwartung an ihren Dienst formulierte Werner Krusche hier – verglichen mit dem, was im staatlichen Bereich das Bild von kirchlichen Menschen war! Der Gemeinde etwas von vorne zurufen. Wissen, dass die Geschichte, die wir erleben, auf ein Ziel zuläuft, welches wir als Menschen auch mit dem wissenschaftlichsten aller Modelle nicht beeinflussen können.
»Der Evangelist Lukas zählt mit größter Exaktheit die Namen derer auf, die damals die politische Macht ausübten. Das ist doch wohl nicht nur aus chronologischen Interessen geschehen. Damit will der Evangelist doch sagen: Als diese Männer Geschichte machten, da hat Gott mitten in der politischen Geschichte seine Geschichte angefangen, so dass in der Tat die Weltgeschichte seitdem Geschichte nach Christus ist. Nein: nicht nach Christus, sondern mit Christus; denn der, dessen Kommen Johannes ankündigte, ist ja nicht – wie die Machthaber – gekommen, um wieder zu gehen, sondern er ist gekommen, um wieder zu kommen.
Die Weltgeschichte schreitet auf eine Zukunft zu, in der endgültig herauskommt, dass in Jesus Gottes Liebe unterwegs gewesen ist in dieser Welt und dass der das Leben gewonnen hat, der sich von Jesus hat lieben und von ihm zur Weitergabe der Liebe hat bewegen lassen.«
Hier spricht der bischöfliche Prediger seine ganze Gemeinde an. Er nimmt die Bewegung der Predigt des Täufers am Jordan auf. So wenig die einzelnen Menschen dieses große Geschehen Gottes beeinflussen können, so sehr sind sie darin eingebunden. In der Geschichte mit Christus zu leben heißt, diesen in das eigene Leben wirken zu lassen. Von Früchten der Buße sprechen an jenem Sonntag in Magdeburg der Täufer Johannes und der Bischof Werner Krusche: »Wenn Jesus kommt, ist es mit ein bisschen Religion nicht getan. Religiöse Handlungen, die isoliert wären von unseren politischen Handlungen, ein Christentum, das nur in der Kirche und zu Hause, nicht aber in der Schule und im Betrieb praktiziert würde, zählte vor dem kommenden Christus absolut nichts. Er sucht Lebensäußerungen, die sichtbar machen, dass in diesem Leben etwas radikal und total neu geworden ist durch ihn.«
Das radikal Neue leben, in einer Welt, die auch heute, im Advent 2017, noch unter der Last des Alten leidet. Das leben, was wir hoffen: Dass alles Leid, alle Ungerechtigkeit einmal ein Ende haben. Gott hat seine Geschichte mit seinen Menschen nicht abgeschlossen: Er führt sie zum Ziel. So werden wir es auch an diesem dritten Adventssonntag wieder singen: »Ein Herz, das richtig ist und folget Gottes Leiten, das kann sich recht bereiten, zu dem kommt Jesus Christ.« (EG 10,3)

Die Autorin ist Pfarrerin in Merseburg. Sie referierte bei der Gedenkfeier zum 100. Geburtstag von Bischof Krusche über die politische Dimension seines Wirkens.

Autor:

Adrienne Uebbing

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