Blickwechsel
Typisch deutsch fürs Ziegenbalg-Haus

Die Künstlerin Asma Menon (Mitte), Manon Bursian und Thomas Müller-Bahlke mit der Sammlung. | Foto: Claudia Crodel
  • Die Künstlerin Asma Menon (Mitte), Manon Bursian und Thomas Müller-Bahlke mit der Sammlung.
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  • hochgeladen von Mirjam Petermann

Asma Menon hat einen großen Tisch mit Gegenständen gefüllt, die sie für „typisch deutsch“ hält: Räuchermännchen, ein Skatspiel und ein Märchenbuch der Brüder Grimm sind darunter. Die südindische Künstlerin sammelt in Halle Gegenstände für einen nach historischem Vorbild entstehenden Deutschland-Schrank.

„Ich bin zu Leuten nach Hause gegangen und habe mit ihnen über mein Vorhaben gesprochen“, erzählt sie. Zahlreiche Tipps habe sie bekommen. Dann ging es ans Sammeln. Zunächst seien ihr Dinge des Alltags aufgefallen, die anders sind als in Indien, das Brot beispielsweise oder Früchte wie Kirschen. Symbolisch hat sie Nachbildungen besorgt. Einen Einblick in die Flora gibt sie mittels eines Fächers aus dem Buchladen, der mitteleuropäische Baumarten vorstellt. Dann sind da Zwiebelmuster-Teller ebenso wie ein buntes Papp-Osterei, ein Beethoven-Puzzle und ein Segelschiff in der Flasche, usw. Auch ein evangelisch-lutherisches Kirchengesangbuch und ein Relief mit Dürers betenden Händen gehören zur Sammlung.

Doch was soll das Ganze? 300 Jahre ist es her, dass von den Franckeschen Stiftungen zu Halle die sogenannte Dänisch-Hallesche Mission nach Südindien ausging. Die Missionare um Bartholomäus Ziegenbalg erforschten neben ihrer Missionstätigkeit auch Sprache, Religion, Natur und Gesellschaft. Typische Gegenstände, die sie nach Halle brachten, und ihre authentischen Berichte fanden Platz im Indien-Schrank in der Kunst- und Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen. „Der zeigt aber nur die Wahrnehmung Indiens aus Sicht der Missionare. Wie umgekehrt indische Reisende Deutschland und Europa wahrnahmen, bleibt unbeantwortet“, sagt Thomas Müller-Bahlke, Direktor der Franckeschen Stiftungen.

Dieser Einseitigkeit wird nun mit Asma Menons Sammel-Projekt entgegengetreten. „Wenn man wie ich allein sammelt, ist das natürlich ein ganz anderer Ansatz, als bei der Sammlung in den Franckeschen Stiftungen, wo Dutzende Missionare einen Beitrag für den Indien-Schrank geleistet haben“, sagt die Künstlerin. Ihre Sammlung soll Platz im Ziegenbalg-Haus im südindischen Tharangambadi in einem Deutschland-Schrank finden, der sich als Gegenstück zum Indien-Schrank in Halle versteht. Sogar Bauzeichnungen des barocken Vorbild-Schrankes werden angefertigt, damit der Schrank in Indien nachgebaut werden kann. Das ehemalige Ziegenbalg-Haus ist gemeinsam mit den Franckeschen Stiftungen in den letzten Jahren als Museum für interkulturellen Dialog wieder-belebt worden.

Das Projekt wurde mit Unterstützung der Kunst-Stiftung Sachsen-Anhalt möglich. Deren Direktorin Manon Bursian betont, dass das Projekt Entspannung in die gegenwärtige postkoloniale Debatte bringe und den interkulturellen Dialog befördere. 

Claudia Crodel

Autor:

Online-Redaktion

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