Schulen in Not: »Das kann existenzbedrohend sein«

Freie Träger in Sachsen-Anhalt fordern faire Behandlung und mehr Geld vom Land

Von Renate Wähnelt

Verhungern die Schulen in freier Trägerschaft am ausgestreckten Arm des Landes Sachsen-Anhalt? Sie befürchten es, wenn nicht den wohlwollenden Worten der Landespolitiker endlich Taten folgen.
Die Finanzausstattung der freien Schulen in Sachsen-Anhalt ist unzureichend. Die Finanzierung ist nicht verfassungskonform geregelt. Dieses Empfinden aus der Praxis untermauert der Privatschulverband Sachsen-Anhalt (VDP) mit vielen Zahlen. Und er hat zwei Gutachten von Juristen, die den Novellierungsbedarf des Schulgesetzes belegen.

Kirchliche Schulstiftungen erwägen den Klageweg
Jetzt ging der Verband gemeinsam mit der Landesarbeitsgemeinschaft der christlich orientierten Schulen (LAG) und den Beauftragten der Kirchen beim Land in die Öffentlichkeit, denn »wir stehen ziemlich mit dem Rücken an der Wand«, bekannte Stephan Rether. Der Leiter des Katholischen Büros beim Land ist ebenso wie sein evangelisches Pendant Albrecht Steinhäuser für Besonnenheit und vermittelnde Worte bekannt. Doch jetzt machte er vor der Presse klar, dass die Edith-Stein-Schulstiftung, Trägerin von acht Schulen, den Klageweg ernsthaft erwägt. »Den schließen wir nicht aus«, so Steinhäuser, »gehen aber davon aus, dass das Land seinen politischen Aussagen entsprechendes Handeln folgen lässt.«
Dazu gehört nicht nur das Geld, sondern auch die Genehmigungspraxis bei der Lehrereinstellung. »Wir fühlen uns benachteiligt, da das Land Lehrer auch fachfremd einstellt, was uns verwehrt wird«, sagt Michael Bartsch auf Nachfrage der Kirchenzeitung. Er trägt in den Vorständen der beiden evangelischen Schulstiftungen für 9 von 40 evangelischen Schulen in diesem Bundesland Verantwortung. Insgesamt gibt es 109 allgemeinbildende und Berufsschulen in freier Trägerschaft. »Das Land erhöht die Klassenfrequenz und senkt die Unterrichtsversorgung, was Auswirkungen auf den rechnerischen Finanzbedarf für die Freien hat. Das kann existenzbedrohend sein«, hat Michael Bartsch überschlagen. Um Transparenz über die Kostenstruktur zu erhalten, auf deren Basis die Zuschüsse berechnet werden, soll es ein neutrales Gutachten geben, steht im Koalitionsvertrag vom April 2016. »Wir fordern, dass dieses Gutachten endlich beauftragt wird«, sagte Dietrich Lührs, Sprecher der LAG, vor der Presse. »Wir haben das Gefühl, dass sich Ministerium und Landtag ständig gegenseitig die Verantwortung zuschieben«, erläuterte Jürgen Banse, VDP-Geschäftsführer.

Verfassungsverstöße sollen gestrichen werden

Er bemängelte zudem, dass die für August 2018 geplante Schulgesetz-Novelle, die auch verfassungswidrige Regelungen ausmerzen soll, dem Verband noch immer nicht zur Stellungnahme vorliegt. Ein besonders eklatanter Verfassungsverstoß sei, dass neu gegründete Schulen drei Jahre auf finanzielle Unterstützung des Landes warten müssen.
Die Situation verschärft sich, weil es nicht genug Lehrer gibt. Und wie um die Vertreter der freien Schulen zu bestätigen, verkündete Bildungsminister Marco Tullner einen Tag nach deren Pressekonferenz, dass das Land bei Neuausschreibungen der Lehrerstellen bei Fächerkombinationen und schulspezifischer Ausbildung ganz flexibel sei – was den Freien verwehrt wird. »Da hatten wir ein paar Defizite, die zum Teil im Schulgesetz liegen«, gab er auf Nachfrage zu. Die Novelle liege demnächst vor.
Und im Schulverwaltungsamt als Genehmigungsbehörde habe es Veränderungen gegeben, sodass die »Einzelfälle, die gar nicht einzeln waren«, abgestellt sein sollten. »Ob der Finanzminister Kohle für die freien Schulen hat«, so Tullner mit verschränkten Armen, müsse der selbst sagen. Der betont, dass die Leistungen des Landes jährlich gestiegen seien. »Wir haben 120 000 Euro für das Gutachten in den Haushalt für 2017/2018 eingestellt, sodass der Landtag es beauftragen kann«, führte André Schröder weiter aus. Er hoffe, dass dieses Gutachten dann von allen als Diskussionsgrundlage anerkannt wird.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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