Das Lied hat einen festen Platz
NACHT UND TAG

"Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbei gekommen. So lasset uns ablegen die
Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts (Röm 13,12)."

Ein treuer Gottesdienstbesucher kennt das Adventslied "Die Nacht ist vorgedrungen". Jochen
Klepper wurde am Samstag, d. 27.11.1937, einen Tag vor dem 1. Advent, durch obiges Bibelwort
dazu angeregt, als er in den Herrnhuter Losungen las. Klepper hatte gerade seinen Roman "Der
Vater" veröffentlicht und breite Zustimmung erfahren. Aber weil er mit einer Jüdin verheiratet
war und diese Verbindung nicht aufgeben wollte, wurde er zunehmend isoliert und beruflich ins
Abseits gedrängt. So dass er fünf Jahr später, im Dezember 1942 mit seiner Hanni den Freitod
wählte. Er konnte Behinderungen und Hoffnungslosigkeit nicht mehr ertragen und wollte die vor-
gesehene Zwangsscheidung unmöglich machen.

Das Lied ist geblieben und hat einen festen Platz in meinen Adventszeiten. Es ist tröstlich und stark
und wurde von Johannes Petzold trefflich in Töne gesetzt. Klepper ersetzt Luthers "vorgerückt"
durch "vorgedrungen": "Die Nacht ist vorgedrungen..." Wir haben uns daran gewöhnt und spüren in
diesem Wort vielleicht die Mühen Gottes mit uns Menschen und unserem Sein. Die Nacht als Bild
für die zu Ende gehende Welt ohne Christus ist nicht nur unübersehbar, sondern da ist auch eine Kraft,
die den Tag voranbringt. In der Stille, oft unerkannt, ist die unaufhaltsame Kraft des Lichtes am Werk, -
die Kraft Gottes, die uns hell und froh machen will. 

Für Weimar fällt mir das Beispiel des damals weltberühmten Cellisten Eduard Rose ein, lange Konzert-
meister am am Weimarer Hoftheater, der zuletzt Belvederer Allee 6 wohnte. Von Geburt her mosaischen Glaubens, also Jude, war er schon in jungen Jahren zum Christentum konvertiert. Als 1941 das Gesetz in
Kraft trat, wonach Juden in der Öffentlichkeit den Gelben Stern tragen mussten, schrieb er an den dama-
ligen Polizeipräsidenten , den Staatsrat Paul Hennicke, unter Hinweis darauf, dass er, Rose, schon ein halbes
Jahrhundert evangelisch sei und bat darum, vom Tragen des Sterns befreit zu werden. Hennicke schickte
Rose die Gestapo auf den Hals. Man fand, was man finden wollte. Rose wurde verhaftet, ins Untersu-chungsgefängnis gebracht, zu einer Geldstrafe verurteilt und nach Theresienstadt deportiert, wo er 1942 starb. Kein Ruhmesblatt Weimarer Geschichte! Wo blieben die Proteste von Weimarer Pfarrern und ihres Superintendenten? Aber Papst Pius XII. hat ja auch nichts für die zum Katholizismus konvertierten Juden getan!

Beider Schicksale, das von Jochen Klepper und das von Eduard Rose, rufen uns auf, gegen das Dunkel in uns und in unserer Umgebung anzugehen. Intoleranz und Hochmut, Gewalt und Verrohung dürfen nicht hinge-nommen werden!

Autor:

Martin Steiger

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