Enttäuschte Erwartungen

Foto: privat

Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.
Hesekiel 34, Vers 11

Von Ronald Höpner

Da bitte ich meine Kinder, mir bei der Gartenarbeit zu helfen, gebe ihnen klare Anweisungen. Doch was musste ich feststellen? Nichts ist so erledigt, wie ich es mir vorgestellt habe. Zu unkonzentriert und lieblos sind sie an die Aufgabe gegangen, entsprechend enttäuschend war für mich das Ergebnis. »Alles muss man selber machen!« Diesen Gedanken mag man auch Gott unterstellen, wenn man den Predigttext für den Sonntag des guten Hirten liest. Der Prophet bekommt den Auftrag, den Hirten des Volkes zu sagen, wie enttäuscht Gott über ihr Handeln ist. Er hält ihnen unter Androhung von Strafen und Konsequenzen ihre Fehler vor und kommt zu dem Schluss: »Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen.«
Sind wir Menschen also doch nicht in der Lage, nach seinem Willen zu leben und aufeinander zu achten? Hirten, die ihre »Herde« mehr verführen als zu führen oder sich selbst in die Irre führen, fallen uns bestimmt genügend ein. Ziehen sich vielleicht deshalb immer mehr Menschen zurück und vertrauen nur noch sich selbst? Wo sind die guten Hirten, denen man trauen kann? Welches ist der Maßstab, an denen sie sich messen lassen müssen?
Von mir wird auch immer mal erwartet: »Herr Pfarrer, nun sagen Sie doch mal, was richtig ist!« Kann ich das denn und traue ich mir das zu? Steh ich nicht in der Gefahr, mich selbst zum Maßstab zu machen?
Gott sei es gedankt, dass er uns den geschickt hat, der dieser Aufgabe gewachsen war. Der wusste, wie wichtig wir Menschen unserem Vater sind und der deshalb nicht an sich selbst dachte, sondern an die ihm Anvertrauten. Damit ist Christus für uns zum guten Hirten geworden. Zum Maßstab dafür, wie wir mit uns anvertrauten Menschen umgehen sollen. Gott macht es nicht nur einfach selbst, sondern in seinem Handeln zeigt er uns zugleich seinen guten Willen. Er stellt uns nicht unsere Fehler vor Augen, sondern lässt uns seine Barmherzigkeit erkennen, indem er uns zugewandt bleibt.
Nun, ich habe meine Kinder nicht beschimpft oder es einfach selbst getan, ich habe ihnen erklärt, wie ich es mir wünsche und wie wichtig mir ihre Hilfe ist und dass ich es ihnen zutraue. Gemeinsam haben wir dann alles geschafft und waren zufrieden. Vielleicht war ich in diesem Augenblick dicht dran, als ein guter Hirte und Vater zu handeln.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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