Brief der Hochschule für Musik und Theater Leipzig
Ihre Exmatrikulation ... war unrechtmäßig
Sehr geehrter Herr Pfarrer Steiger,
der Akademische Senat der Hochschule für Musik und Theater hat sich in seiner Sitzung am 07.01.2003
mit Ihren Rehabilitationsbegehren Im Zusammenhang Ihrer Exmatrikulation vom 18.12.1961 befaßt. Mit
großer Bestürzung wurden die von Ihnen benannten Tatsachen zur Kenntnis genommen. Diese Tatsachen
lassen sich in unserem Archiv nicht direkt nachvollziehen, da offensichtlich nach Ihrer Exmatrikulation
Ihre Studentenakte vernichtet und Ihre Matrikelnummer getilgt worden ist. Allerdings liegt uns die Nach-schrift eines Berichtes des damaligen Prorektors für Gesellschaftswissenschaften, Prof. Dr. Zerle, vor
(BArch., DR1, 516), der die von Ihnen genannten Vorgänge bestätigt. Bei diesem Bericht handelt es sich vermutlich um das Schriftstück, das auch dem Sächsischen Landesamt für Famile und Soziales vorgelegen hat,
da dortige Formulierungen mit den von Ihnen in Ihrem Schreiben vom 14.10.02 ausgeführten Zitaten über-einstimmen.
Ich möchte Ihnen namens der Hochschule, ihre Rektoratskollegiums und des Akademischen Senats unser
Bedauern und unsere Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass Ihre Exmatrikulation am 18.12.1961 unrecht-
mäßig war und allein aus politischen Gründen erfolgt ist... Beschämt müssen wir zur Kenntnis nehmen, daß
derartige politisch-ideologische Willkür auch an der damaligen Hochschule für Musik vorgekommen ist. Uns
ist bewusst, daß eine faktische Wiedergutmachung des Ihnen zugefügten Schadens nicht möglich ist. Daher bleibt mir nichts anderes, als Sie zu bitten, diesen Brief als Zeichen der Verurteilung des geschehenen Unrechts
zu werten und, soweit das überhaupt möglich ist, als einen Widerruf der Exmatrikulation...
Uns erscheint es wichtig, dass derartige Vorfälle aus DDR-Zeiten uns und der heutigen jungen Generation
bewusst bleiben. Daher würde ich gerne in der nächsten Ausgabe unserer Hochschulzeitung, die am Ende des Sommersemesters erscheinen wird, einen kleinen Artikel über ihre damaligen Erfahrnisse und über Ihren weiteren Lebensweg aufnehmen. Ich wäre Ihnen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, dankbar, wenn sie mir dazu einige Fakten und möglichst auch ein Photo zur Verfügung stellen könnten.
Mit freundlichen Grüßen bleibe ich Ihr
Prof. Dr. Christoph Krummacher Leipzig, d. 09.01.2003
(Der Artikel ist zu meiner Zufriedenheit dann in der Hochschulzeitung erschienen. Und schließlich
wurde auch meine Studentenakte im Archiv der Hochschule aufgefunden.)
Autor:Martin Steiger |
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