Bezahlkarte: Wie Asylbewerber damit klarkommen
Alles auf eine Karte

Foto: epd-bild/Jens Schulze

Der 29-jährige Syrer Basel Al Refaee packt die Lebensmittel auf das Laufband: Tiefkühlpizza, Milch, Kaffee, Apfelsinen. Er schiebt die Prepaid-Karte ins Lesegerät, tippt die vier PIN-Ziffern ein.Es piept, es surrt, ein Kassenzettel – fertig.

Von Michael Grau

„Mit der Karte kann ich fast alles kaufen“, erzählt Al Refaee. Nur bei Bahntickets bereite sie manchmal Probleme.

Anfang April einigten sich die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP auf eine Gesetzesänderung zur Einführung einer solchen Karte. Details werden auf Länderebene beschlossen. Viele Politiker verbinden mit dem Projekt auch die Hoffnung, dass Flüchtlinge künftig kaum noch Geld aus staatlicher Unterstützung an Angehörige in ihren Herkunftsländern oder an Schlepper schicken können.

Zusammen mit den Landkreisen Eichsfeld und Greiz in Thüringen gehört Hannover zu den ersten Kommunen, die das neue System erproben. „Wir verfolgen das Ziel, geflüchteten Menschen einen diskriminierungsfreien Zugang zu bargeldloser Bezahlung zu ermöglichen“, sagt Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). Inzwischen testen auch Hamburg und Magdeburg sowie Landkreise in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen eigene Karten-Systeme.

Ausgegeben werden die Karten an Asylbewerber oder an Menschen mit einer Duldung, die noch kein eigenes Bankkonto haben. Die Behörden überweisen dann die ihnen zustehenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz an Banken, die damit die Karten aufladen. Das sind bei alleinstehenden Erwachsenen zurzeit 460 Euro im Monat. Wer in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt wie Basel Al Refaee, bekommt 413 Euro.

Zwischen den Karten-Systemen gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede. So ist die Bargeld-Auszahlung in Magdeburg auf 50 Euro begrenzt. Hier kann die Karte auch nur in bestimmten Postleitzahl-Gebieten eingesetzt werden. So verschieden wie die einzelnen Karten-Systeme ist auch die Motivation der Kommunen und Landkreise. Hannover will in erster Linie die Verwaltung vereinfachen. Sechs Mitarbeiter seien so von Verwaltungsaufgaben entlastet worden, so Oberbürgermeister Onay.

Im thüringischen Landkreis Eichsfeld hingegen geht es vor allem darum, Geflüchtete in Arbeit zu bringen. „Das Leben in Deutschland geht nur über Arbeit“, betont Landrat Werner Henning (CDU). Und wer sich selbst eine Arbeit suche, entlaste den Staat. Bei seinem Bonus-System fließen 55 Prozent der Sozialleistungen auf die „Sachleistungskarte“. 204 Euro werden in bar ausgezahlt. Wer aber selbst etwas hinzuverdient, bekommt alles in bar. Das Echo ist positiv, sagt Henning. Allerdings seien daraufhin auch 35 Personen zurück nach Nordmazedonien gereist.

 (epd)

Autor:

Online-Redaktion

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