JUBILATE 2025
SPIEL UM WEISHEIT

Der EWIGE hatte mich schon
am Anfang all SEINER Wege.
Ehe ER etwas schuf
vom Quellgrund her, da war ich.

Ich bin gesetzt von Urzeiten her,
im Ursprung, ehe die Erde entstanden.
Als ER die Grundfesten legte für alles,
da war ich beständig um IHN.

Ich war SEINE tägliche Lust - und ich blieb es.
Und spielte vor IHM allezeit;
Ich spielte auf SEINEM Erdkreis
und hab meine Lust an den Menschenkindern.

So hört nun auf mich:
Wohl denen, die meine Wege einhalten!
Wohl dem, der die Wacht hält
an meiner Türe.

Wer hütet die Pfosten allewiger Pforte?
Denn seht - wer mich findet, der findet das Leben …
Und wer mich verfehlt, liebt den Tod.
Ja, wer mich verfehlt, liebt den Tod …
(Sprüche 8)

Es geht um das Spiel - im weitesten Sinne um das Spiel des Lebens. Seit wann eigentlich ist das Spiel dominiert von Regeln, welche am Ende einen Verlierer und einen Gewinner hervorgehen lassen? Denn das Spiel ist damit mehr oder weniger immer eine Auseinandersetzung, in der Verlierer beschämt und dominiert werden. Ich kenne Menschen, die spielen nicht Schach, weil sie wissen, dass sie verlieren werden ...

Frage - gibt es Spiele, in denen nicht gewonnen und verloren wird, sondern die Beteiligung am Spiel völlig ausreicht, um Freude  zu generieren und sich zu erhalten? Die Weisheit, welche in unserem Text als Frau vorgestellt wird (Frau Weisheit) sagt es so:

Ich war seine tägliche Lust - und ich blieb es.
Und spielte vor ihm allezeit;
Ich spielte auf seinem Erdkreis
und hab meine Lust an den Menschenkindern.

Die Idee, dass Spiele zwangsläufig Gewinner und Verlierer erzeugen müssen, ist eine relativ junge und kulturell geprägte Entwicklung – vor allem durch den westlich-kapitalistischen Leistungsgedanken verstärkt. In vormodernen oder nichtwestlichen Kulturen sind viele Spiele eher ritueller und kooperativer Natur gewesen. Sie dienten nicht dem Zweck des Sieges, sondern der Feier einer besonderen und verbindlichen Gemeinschaft, auch der Imagination darüber, wie die Welt ist und der Wiederholung symbolischer Ordnungen.

Im europäischen Mittelalter gab es solche Spielformen wie z. B. Passions- und Weihnachtsspiele, in denen es nicht um ein persönliches Gewinnen oder Verlieren ging, sondern um das Durchleben kollektiver Prozesse. Auch Kinder etwa spielen zuerst einmal nicht darum, zu „siegen“, sondern um „drin zu bleiben“ im Spiel, und um ihre Welt zu gestalten. Die Freude entsteht hier aus der Partizipation, nicht aus der Überlegenheit. Ein Spiel ohne Gewinner und Verlierer ist beschrieben worden in Hermann Hesses Roman "Das Glasperlenspiel". Spielen ist hier "kontemplatives Mitmachen als höherer Selbstzweck" – eine Art Ludus (Spiel) jenseits von Kampf, Scham und Sieglogik.

Wie wäre es, wenn wir wie Kinder eine kurze Beispielgeschichte für so ein Spiel, das gegen das Spiel spielt, ersännen? Das Spiel selbst wird hier zum Weltmodell. Eine emergente Ordnung mit Regeln, Zufall, Risiko und Zeitdruck – also wie das Leben eben so ist ... Dieses „Modell Welt“ wird gemeinsam erlebt, aber nicht in der Logik des „Ich siege über dich“, sondern: Wir bestehen gemeinsam gegen das Chaos.

Unser Spiel ab jetzt heiße „Leben und Tod” und es gehe darum, durch Glauben an die „Auferstehung Gottes” Gott selbst zu erfinden, so dass er als Adresse jenseits alles Denkbaren tatsächlich mehr oder wenig dann auch „da” ist. Und der Glaube des Spielers erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Spieler als einer, der dieser Regel glaubt, als Glaubender mit tatsächlich eben so hoher Wahrscheinlichkeit nach dem Ende des Spiels (dem physischen Tode) aufersteht, genauso wahrscheinlich wie es Gott gibt. Die höchste Wahrscheinlichkeit trage dabei den Wer „1”. „1” ist zugleich auch der höchste Wert auf einer Skala von „-1” bis „1”

SPIEL LEBEN UND TOD
Alle versammelten sich nicht, um zu gewinnen. Sie versammelten sich, um zu glauben. Es war also kein Wettkampf, sondern eine gemeinsame Aktion, um den Tod zu überleben. Je tiefer der Glaube, desto realer die Auferstehung. Nicht weil jemand das entschied, sondern weil das Spiel so geschrieben war - und seine Regel für ewige Zeiten in Geltung gesetzt ist. Durch wen oder was - das weiß keiner. Die Skala reichte von –1, dem völligen Kollaps ins Nichts, bis +1, dem völligen Durchbruch zum ewigen Sein. +1 bedeutete: „Du wirst auferstehen.” Der Trick dabei war: Je mehr du glaubtest, dass du auferstehen würdest, desto wahrscheinlicher wurde es – für dich und für alle. Aber du durftest nicht nur um deinetwillen glauben … Sonst rutschte die Skala heimlich wieder in Richtung Null zurück. Die Regel war: Du darfst nicht rechnen. Aber um so mehr hoffen.

Ein Spieler, der nur „Jonathan“ genannt wurde, hatte das gleich verstanden. Deshalb ging er durch die Welt und sprach zu allem, was er sah und hörte: „Du wirst auferstehen.“ Er sagte das den Vögeln, den Wiesen, den zerfallenden Häusern, den gefallenen Freunden. Und jedes Mal stieg der Zeiger ein wenig.
Manche lachten. Andere taten es ihm nach. Doch keiner wusste, ob es funktionierte. Nur das Spiel wusste es. Und das Spiel sprach nicht.

Am Ende stand Jonathan vor einem Spiegel. Er war sehr alt geworden. Er fragte: „Und ich?“ Da flackerte der Zeiger kurz. Und sprang auf den Wert „1”. In diesem Moment begann Gott, sich daran zu erinnern, dass er existiert.

Mit der Weisheit ist es immer so. Wer ihr zuhört, gehört zu einer Welt, die uns ganz anders daher kommt, als das was wir bisher kannten. Es stammt das Spiel aus einer anderen Welt. Deren Inhalt nimmt sich aus wie exotische Blumen in einem Krautgarten. Wirklich weisheitliche Texte geben keine Befehle, keine Moralregel und nehmen noch nicht einmal in Anspruch, irgendeine höhere Wahrheit zu verkünden. Sie sind wie das Lied verspielter Elfen, die sich drehen und dabei singen. Blumenstimmen im Krautgarten …

Die Weisheit spielt, und wer weise ist, der erfinde solche Spiele, die das Leben zum Schweben bringen, auch wenn es schwerer wird von Tag zu Tag. Noch etwas zur Erinnerung: Der Text Weisheit 8 endet nicht sanft. Er endet mit einer klaren und ernsten Aussage: „Wer mich findet, der findet das Leben. / Und wer mich verfehlt, liebt den Tod.“ Fast eine Drohung? Es gibt vielleicht tatsächlich ein Verfehlen, das sich nicht durch Zufall einstellt, sondern durch Absicht: „Ich will nicht hören.“ „Ich will nicht sehen.“ „Ich weiß schon alles.“ Wer so lebt, liebt den Tod – nicht biologisch - im Gegenteil, er fürchtet den Tod. Aber geistlich liebt er den Tod. Denn er lebt ohne Spiel. Ohne Frage. Fragen jedoch sind die Eintrittsbilletts in das Lebensspiel. Nichtspieler leben ohne Staunen. Ohne Ehrfurcht. Und wo keine Ehrfurcht ist, da trocknet die Seele aus. Und das ist der Tod …

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer

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