die Flamme der Aufmerksamkeit
Evangelium für den Sonntag Lätare am 10.3.2024

Paula Jordan - die Verleugnung Jesu durch Petrus

Lukas, der zugleich Arzt gewesen sein soll und in seinem Evangelium viele Details sehr präzise beschrieben hat, berichtet auf solche Weise auch von einem Feuer (Lukas 22,55). Soldaten hatten es angezündet - und zwar genau in der Mitte des Hofes. Man stand drum herum, vertrieb sich die Zeit bis zur Hinrichtung. Petrus setzt sich auch mit dazu - und wir bewundern seinen Mut. Der Jünger Jesu wagt sich tatsächlich in die Höhle des Löwen.

Was passiert nun? Von Karl May stammt der Satz, „Wenn du wissen willst, wie der Charakter eines Mannes beschaffen ist, sieh dir die Feuerstelle an, wenn er sie verlassen hat!” So schauen wir in die Asche der Geschichte und lesen in den Evangelien, dass Petrus das Feuer verließ und zwar weinend. Das Feuer brannte weiter … Eines der unzähligen Soldatenfeuer, das im Lukasevangelium zugleich Flamme der Aufmerksamkeit geworden und geblieben ist.

Nicht umsonst brennt diese Flamme in der Mitte des Hofes. Dieses Feuer im Hof ist jenem Baum vergleichbar, der in der Mitte des Paradieses steht - der Baum des Lebens. Wenn man weiß, wo die Mitte ist, ist alles gut. Die Mitte fühlt sich leicht an. Wer die Mitte verloren hat, hat alles verloren. Petrus geht aus der Mitte fort, denn er hat seinen Meister verleugnet und damit sich selbst verloren. Aber in dieser bitteren Erkenntnis hat er sich zugleich wiedergefunden. Das ist die Dialektik der Selbsterfahrung.

„Wer je die Flamme umschritt,
bleibe der Flamme Trabant!
Wie er auch wandert und kreist:
Wo noch ihr Schein ihn erreicht,
irrt er zu weit nie vom Ziel.
Nur wenn sein Blick sie verlor -
eigener Schimmer ihn trügt:
Fehlt ihm der Mitte Gesetz.”
(Stefan George)

Mose fand inmitten der Wüste den ewigen Namen Gottes in einem brennenden Dornenstrauch - und konnte sich deshalb der Einsamkeit anvertrauen. Petrus erkannte am Feuer mitten im Hof erst nur seine eigene Schwachheit. Angesichts der Menge, die ihn als vereinzelten Jesusfreund dingfest machen wollte, knickte er erbärmlich ein. Noch war er nicht so stark wie Mose! Noch hatte er Angst! Erst seine Jesuserfahrungen nach dem Kreuzigungstaumel der Menge änderte alles. Da wurde auch Petrus stark - und einer der besten Anführer der wachsenden Kirche. Das Feuer in der Mitte des Kreises offenbarte ihm die Wahrheit darüber, wer er selber wirklich ist. Und der krähende Hahn - durch seinen Ruf wurden bereits Sokrates Sprüche über den Preis der Selbsterkenntnis entlockt - zwang bittere Tränen hervor. Am Ziel solcher Erkenntnis angekommen, wird Petrus nie wieder seinen Meister verleugnen. Nie wieder wird er dessen Botschaft relativieren. Nie wieder ängstlich das Kreuz ablegen oder listig verstecken. Nur deshalb darf bzw. muss er bis heute die Kirche lenken.

Muss die Kirche nicht wieder das geistliche Feuer in der Mitte der Zivilisationen werden? Wichtiger als die wohlige Wärme gemeinsamen Herumstehens ist ihre erkenntnisleitende Wirkung, die es dem Einzelnen möglich macht, stark zu sein und zu bleiben - ganz gleich, was uns zugemutet wird. Ja, Erkenntnis fängt manchmal bitter an - aber dadurch macht sie so eigentümlich frei …

Autor:

Matthias Schollmeyer

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