Montag der Karwoche 2024
die Salbung (Mt 26,6ff)

... wenn Bodenmosaike reden könnten ...

Aus vielen kleinen Marmormultigrammen,
dass daraus Muster würden im Quadrat,
so setzte man mich Stück für Stück zusammen -

ich lob den Künstler schweigend solcher Tat.
Mir schmeicheln weiche Kissen, wenn zur Feier
der Hausherr Simon eingeladen hat.

Vor Jahren schwebte einst des Unheils Geier
hoch über uns im Haus Bethania.
Von früh bis spät knarrt „Unrein“ laut die Leier,

mit der vor „Aussatz“ ward gewarnt allda.
Bis Jesus kam und heilt den Leprakranken,
der dankbar nie vergaß, was ihm geschah ...

Ich spüre es wie heute noch, es sanken
Blut, Tränen, Arzenei und Seuchenschweiß
auf meine roten Kacheln, die es tranken

und tief in mir versteinerten. Ich weiß,
mit keiner scharfen Lauge je entfernen
wird man, was in mir ruht als ein Beweis.

An meinen Flecken kann die Menschheit lernen
wie aus den Bildern weiter Sternenfernen.

Nun will das Fest der Juden wieder kommen
- sie feiern, wie Ägypten man entrann.
Durchs Schilfmeer ist das Gottesvolk entronnen,

denn Mose schlug die Wogen hart in Bann.
Sie durften alle trocknen Fußes laufen,
die Wasser standen links und rechts. Und dann

jagt Pharao heran - doch musst ersaufen,
erzählt des Passafestes wilde Mär.
Heut früh am Morgen ging man einzukaufen,

denn Simon bat sich Abendgäste her.
Den damals alle mieden ludt zusammen
auf kissenweiches Rund von ungefähr.

Auch naht ein Weib, die Augen heiß wie Flammen,
sie trägt voll Nardenwasser her ein Glas.
Mit einer Geste - wie sonst sanfte Ammen

die Milch ausreichen Kindern ohne Maß -
beginnt den Gottessohn sie zu umfassen
und legt sein Haupt in ihren Schoß. Kann das

der Meister Jesus sich gefallen lassen?
Die Jünger jedenfalls - sieht man erblassen.

Ganz unverfälscht und köstlich das Aroma,
aus Indien stammt dieses Öl - noch mehr:
Ambrosia, der Göttern Kraft. Und Soma …

sie gießt und gießt - der Duft ist um uns her!
Es rinnt und rinnt hinab in dünnen Strähnen,
sein Haupthaar salbt sie, bis das Gläslein leer.

Vergessen nicht darf ich noch zu erwähnen,
dass Tränen mischten sich der Kostbarkeit.
Die Jünger knurrten dabei wie Hyänen,

in Zorn und blöder Widerwärtigkeit.
Das Liebeswerk der Frau traf nicht ihr Wollen,
„Verschwendung“ nörgeln sie. „Vermaledeit,

dies Wasser hätte man verkaufen sollen.
Dreihundert Silberlinge ist es wert.
Die Armen!“ rufen sie. Und tun geschwollen …

Doch Jesus hat das Rufen nicht geschert:
„Was quält ihr diese Frau mit spitzen Nadeln?
Den Armen geben könnt ihr ungestört!

An meinem letzten Tag kam sie zu adeln
mich Armen ... also lasst das dumme Tadeln!"

Mehr aber kann er ihnen nicht verraten,
auf neues Leben hofft er nach dem Tod.
Er will den Fluss der Unterwelt durchwaten,

sein Kreuz uns stiftend als des Lebens Lot.
Er deutet an, was diese Salbung wäre:
Indem sie essen - wird er selbst zum Brot.

„Wenn einst die Seele frei von Erdenschwere,
bleibt nur ein Körper leer zurück. Ihr wisst,
man salbt des Toten Leib, dass ihn nicht sehre

der Zahn der Zeit, der uns am Leben frisst.
Nehmt an, sie hat’s getan zur Totenfeier.
Und überall, wo Evangelium ist,

erinnert man durch dichte Tränenschleier
des edlen Weibes freundliches Gesicht.“
So dämpft der HERR den Chor der wüsten Schreier

und gab der Frau zurück ihr Gleichgewicht.
Wie dank ich ihr, dass sie mich Stein ließ taufen -
darüber hier ihr laset den Bericht:

Vom Nardenöl ist auch auf mich gelaufen,
wer wollte das für Geld und Gold verkaufen?

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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