Zecke
Geburtstagsgabe (25)

Die Zecke hat mit Blut einen Text geschrieben, der es in sich hat. Es geht um Luther:

Man ekelt sich vor mir. Ich bin die Zecke Widerlich. Den glaubenden Frommen sage ich, mich hätte der Allmächtige zusammen mit dem ganzen anderen Geschmeiß geschaffen. Auch denen, die ihre Lebensfahrt an nichts mehr binden, sage ich nichts anderes. Es läuft beides auf dasselbe hinaus und ist mir egal. Ich gehe auf Körperwärme. Sobald Wärme da ist, lasse ich mich fallen, beiße zu, sauge mich fest, voll - und falle wieder ab. Lasst es doch einfach zu … Denn wer mich abrupft von seinem Fleische, dem verpasse ich eine Ladung Viren und Bakterien - kurz bevor mir der Kopf abgerissen wird. Die Viren sind nämlich an meinem Kopf befestigt und in meinem Blut enthalten. Ja, - auch ich habe Blut. Viel Blut. Eigenes und eben Euer Blut. Unvermischt und ungetrennt, zugleich vermischt und getrennt. Kennen Sie das irgendwoher? Genau - Chalcedon. Ich bin Parasit - und was seid Ihr anderes? Fragt Mutter Erde, was die von den Menschen hält! Wir sind also Brüder und Schwestern, Pardon, ich will Euch nicht zu nahe treten!

Luther ist bedeutungslos. Gewöhnt Euch daran. Einer der vielen, vielen Menschen ist er gewesen, die sich unnötig heiß gemacht haben. Ich will es kurz erklären, jetzt - da es Nacht wird. Ihr werdet nicht erfreut sein. Eben deshalb werde ich meine Meinung nicht mit Tinte auf ein Papierstück schreiben. Meine Worte dringen direkt in Euer Blut, - und dort sind sie dann Euer Blut.
Meine Wahrheit wird einfach übertragen. Unterschwellig spüren die Menschen nämlich alles, was keiner mehr aufschreiben muss. Sie tragen es in ihrem Blute wie einer der genialischsten Eurer Dichter schreibt. Aufschreiben muss man nur das, was nicht mehr klar ist. Alles Klare ist von selbst da und braucht keine Zeichen. Hier das Gedicht. Es ist von Rainer Maria usw.

Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füße kann ich zu dir geh´n,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.

Besser kann man nicht sagen, was ich mit Euch mache, wenn ich in Euch bin. Denn ich bin in Euch. Auch wenn es nur ein halber Millimeter ist. Ich schmecke Euch, auch wenn Ihr nichts dovon schmeckt! Und wie es Euch geht, spüre ich. Die, die Angst haben, schmecken am besten. Es sind immer die Frommen, die besonders gut schmecken. Sowohl die, welche an irgendwas glauben, als auch jene, die besonders fest daran glauben, an nichts zu glauben. Beide sind wie gute alte Weine aus dem Elsass. Kennt Ihr das Elsass? Elsass/Lothringen?

Luther hat nun Zeit seines Lebens einen enormen Kampf ausgefochten. Er hat mit Hilfe von sich selbst gegen sich selbst gekämpft. Macht das erst mal und vor allem: Haltet das über 60 Jahre lang aus. Das ist schon eine Leistung. Dann kam der Tod mit seiner Gnade und hat den Mann dahingerafft.
Aber kurz vorher hat er noch mal seinen ganzen Hass rausgelassen. Gegen die Jünger der anderen beiden großen Religionsstifter. Das war für ihn wichtig und auch gut so. Auf diese Weise musste er den Hass nicht mitnehmen hinab in die Hölle, oder hinauf in den Himmel - je nachdem, wo er eben gelandet ist. Die Menschen haben alle irgendwelche Programme im Kopf. Programme sind wie Viren, die sich immerfort vervielfältigen und als enorme Stressoren das Ganze antreiben. Viren sind kleine Informationen, fast Mini-Reformationen. Es sind Ein-Formungen, die der Geist draufgebrezelt bekommen hat, damit er überhaupt mit irgendwas zu arbeiten anfangen kann. Der Hund eben, von dem ich abgefallen bin, hat nichts anderes im Kopf, als einen Rudelführer zu finden, dem er dann folgen muss. Er unterwirft sich sofort. Wenn er keinen Führer hat, müsste er wieder zum Wolf werden. Na ja, - stimmt nicht ganz. In der Wirklichkeit ist es immer noch ein bisschen anders. Komplizierter …

Bei dem Luther war es ein in die Irre gegangener Vatermordkomplex. Martin hat es nicht geschafft, Hans Luther, seinen Vater, durch den üblichen mental vollzogenen Vatermord vom Thron zu stoßen. Freilich, - er hat ihn immer stoßen wollen! Weil es nicht geklappt hat, ist langsam aber sicher daraus die schuldfixierte Total-Unterwerfung unter einen fiktiven Übervatergott geworden. Da hat er immer in Ängsten geschwebt, der Martin, den Mord womöglich doch noch ausgeführt zu haben? Und das hat er ja auch - zumindest symbolisch. Am Papst hat er sich nämlich schadlos gehalten. Und am Tetzel. Einen seiner Söhne hat er Hans bzw. Hänschen genannt und elend verdroschen. Und so hat sich seine Angst vor der strafenden Autorität ins Maßlose gesteigert. Daran ist er schlussendlich kaputtgegangen. Nach außen hin aber immer schön vom Glauben an die Gnade reden, schreiben und predigen! Aber nach innen hin Angst haben, dass es riecht.

Das Gleiche übrigens beim Nietzsche, bei allen, die was erreichen mussten. Freud hat das alles sehr gut beschrieben. Kennt Ihr den Freud? Den Psychiater aus Wien? Der ist mit Hilfe seiner Theorien sehr, sehr weit eingedrungen in jene Spähren, aus denen die Superinformation kommt, über die hinaus nichts Informativeres gedacht werden kann. Der Luther hat sich zusätzlich noch an allen denen gerächt, die diesen Mechanismus erkannt hatten, oder die dabei waren, ihn zu erkennen. Das waren die Hexen und die Juden sowieso. Er besaß deshalb diesen über das damals Übliche hinausgehenden enormen Hass gegen die Jünger des Aus-Dem-Wasser-Gezogenen. Die Juden haben ihn immer enorm in Fahrt gebracht. Ach, das wusstet Ihr nicht? Na - dann wird´s aber Zeit für die entsprechenden Studien.

Ja nun, - der Bär ist eingeschlafen. Und der Wolf hat mich entdeckt? Also stell ich mich erst mal tot. So, als ob ich keine Zecke wäre, sondern ein kleiner Kieselstein. Und verdaue das Blut von Verräter-Hund.

Zickzack - die Zecke

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Autor:

Matthias Schollmeyer

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