Die Arbeit braucht Lobby

Familiengottesdienst: Kinder und Eltern sind in die Gestaltung eingebunden. | Foto: Beatrix Heinrichs

Die Projektstelle »Kindergottesdienst« soll trotz positiver Bilanz nicht verlängert werden

Von Beatrix Heinrichs

Ein Mädchen hüpft über die bunten Sitzkissen, schaut sich kurz um und ist dann hinter dem Altar verschwunden. Die Kleine, sie mag vielleicht zwei Jahre sein, ist an diesem Sonntag mit ihrer Mama ins Gemeindehaus Simon-Petrus in Jena gekommen, um Familiengottesdienst zu feiern.
50 bis 60 Eltern, Großeltern und Kinder nehmen das Angebot der Gemeinde im Jenaer Norden regelmäßig wahr. Etwa eine halbe Stunde dauert der Gottesdienst. Die Liturgie ist auf das Wesentliche reduziert, wobei die einzelnen Elemente mit einfachen Formen erklärt werden. So entsteht zum Beispiel auf Augenhöhe der Kinder der Altar: Tischtuch, Blumen, Kerze, Kreuz werden zu Beginn auf den Boden in die Mitte gestellt.
Entwickelt hat das Konzept des Familiengottesdienstes Jochem Westhof, der Referent für Kindergottesdienst in der Nordkirche war und zahlreiche Bücher zum Thema publizierte. »Viele der jungen Familien sind oft nicht mehr religiös sozialisiert«, erklärt Katja Kropfgans, Gemeindepädagogin im Kirchenkreis Jena. »Sie sind interessiert, fühlen sich aber im traditionellen Gottesdienst oft fremd.« Fantasievolle Mitmachaktionen helfen in die Traditionswelt des Glaubens einzuführen.
Auf der Suche nach neuen, zielgruppenorientierten Modellen hatte die Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) 2011 eine auf sechs Jahre angelegte Projektstelle für das Arbeitsfeld »Kindergottesdienst« eingerichtet, die nun aufgrund der angespannten Stellenplansituation nicht verlängert werden soll. Besetzt ist die Stelle schon etwa ein halbes Jahr nicht mehr.
»Den Wegfall der Projektstelle halte ich für sehr bedauerlich, wo wir doch andererseits Erprobungsräume in der EKM einrichten und nach Innovation suchen«, konstatiert Landesjugend­pfarrer Peter Herrfurth. Da aus den Reihen der Landessynode Interesse an der Fortführung der Stelle bekundet wurde, gab diese eine externe Befragung in Auftrag, um die Wirkung des Projekts zu evaluieren. Der Bericht zeigt, dass eine hohe Nachfrage an integrierenden gottesdienstlichen Konzepten besteht. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass die Arbeit auf diesem Themenfeld eine stärkere Vernetzung von Ehren- und Hauptamtlichen ermöglichte, welche die Landeskirche als unterstützendes System erleben konnten. In den befragten Kirchenkreisen nämlich werden die Kindergottesdienste zu 77 Prozent von Ehrenamtlichen gestaltet. Dafür aber brauche es gute Begleitung und fachliche Unterstützung vor Ort, erklärt der Landes­jugendpfarrer.
Auf die Ehrenamtlichen ist man besonders in den ländlichen Gemeinden angewiesen, wie im Kirchenkreis Bad Liebenwerda, wo Engagierte Weiterbildungsangebote wahrnehmen und so die Kinder- und Jugendarbeit erst möglich machen. »In den Gemeinden fehlen oft die Kapazitäten, über die klassischen Grenzen hinauszudenken«, sagt Henriette Barth, Vorstandsmitglied des Landesjugendkonvents aus Bad Liebenwerda. »In einer Stelle auf landeskirchlicher Ebene liegt die Chance zu neuen Wegen zu ermutigen.«
Auch in dem Bericht, den die Landessynode in Auftrag gegeben hatte, sprechen sich die befragten Kirchenkreise für die Fortsetzung der Projektstelle »Kindergottesdienst« aus. Derzeit werde ermittelt, wie das Arbeitsfeld zukünftig ohne personelle Ressourcen weiter begleitet werden kann, weiß Peter Herrfurth. Nach Auskunft des Landesjugendpfarrers sollen die Ergebnisse der Herbstsynode vorgelegt werden. »Kindergottesdienste wird es weiterhin geben. Es wird aber kaum möglich sein, gezielt neue Impulse für die gottesdienstlichen Angebote für Kinder und Familien in der EKM zu setzen. Diese Arbeit braucht in unserer Kirche eine größere Lobby.«

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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